Schwäne sind wie der Phönix, jedenfalls könnte dies im Zusammenhang mit den Swans behauptet werden. Wenn es „Swans Are Dead“, „Die Tür Ist Zu“ oder ähnlich hieß, stieg der tönende Vogel aus der Asche, in diesem Fall dem akustischen Abrieb, den die Band mit der musikalischen Abrissbirne oder präapokalyptischen Folk-Adaptionen hinterließ.

Mit „Birthing“ wird es demnächst ein neues Album geben inklusive zugehöriger Tour, unabhängig davon ist Leitschwan Michael Gira mit seinem langjährigen Kollegen Kristof Hahn derzeit unterwegs, um alternative Versionen aus dem Band-Fundus der letzten Jahrzehnte zu spielen.

Hahn erschien zunächst allein in der Heilandskirche, eröffnete das Programm mit der „Leipzig Overture“, stapelte Klangschicht für Klangschicht übereinander, ein Sog erzeugendes Labyrinth, mit dessen Komplexität er bereits das unvorbereitete Party-Publikum an einem Nachmittag des 2011er MELT! traumatisierte.

Die, die sich am gestrigen Mittwoch im Westen der Stadt versammelt hatten, wussten, worauf sie sich einlassen, trafen auf zwei Soundvisionäre, die zwar mit der sonst üblichen Dezibelzahl moderat umgingen, dennoch nicht mit einer Unplugged-Veranstaltung unterwegs waren und mit teilentkernten Versionen ihrer Post-Rock-Noise-Drone die Resonanz im Saal herausforderten.

Als nach 20 Minuten Michael Gira auf der kirchlichen Bühne eintraf, saßen dort dann zwei Männer, die nicht den Eindruck vermittelten, die frohe Botschaft zu verkünden.

Nahtlos ging die Einleitung in „The Healers“ über, begann eine lodernde Messe, deren Themen nicht weit von dem entfernt waren, was üblicherweise an diesem Ort gepredigt wird.

Schuld, Sühne, Glaube – Inhalte, mit denen der 71-jähre Gira in einer tranceartigen Performance berichtete, „My mind is closed“ sang er, später „I’m searching for truth“. Viel authentischer kann ein Vortag nicht sein. „I Am A Tower“ – die Titelzeile der Vorveröffentlichung der kommenden Platte aus seinem Mund ließ keinen Widerspruch zu.

Keine Show, keine Distanz, intensiv und organisch das nackte „God Damn The Sun“ und die vernichte Lebensbilanz „Failure“ und es hätte nicht verwundert, wenn sich während des donnernden Spoken-Word Ende von „You Will Pay“ der Schlund der Vergänglichkeit unter dem Gotteshaus geöffnet hätte.

Tat er nicht, nach gut eineinhalb Stunden endete ein überwältigender Abend, dessen Musik – die nach den Worten des Protagonisten „eine positive und fruchtbare Atmosphäre bietet, in der man träumen kann.” – lange nachhallen wird.

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