Vor sechs Jahren sorgte die irische Songwriterin Maria Somerville mit ihrem DIY-Debüt „All My People“ für viel Aufsehen in der Indie-Pop-Branche. Nach der Rückkehr zu ihren heimatlichen Wurzeln und dem Labelwechsel zu 4AD meldet sich Sängerin mit dem zarten Organ nun mit ihrem zweiten Longplayer „Luster“ zurück. Kurz vor der Veröffentlichung des Albums trafen wir uns mit Maria Somerville zum Interview und sprachen über intensive Entstehungsprozesse, druckfreies Arbeiten und Inspiration von außen.
MusikBlog: Maria, deine Fans mussten lange auf den „All-My-People“-Nachfolger warten. Jetzt ist es endlich so weit. Warum hat der Prozess so lange gedauert?
Maria Somerville: Das hatte verschiedene Gründe. Ich habe in den vergangenen Jahren viele verschiedene Wege bestritten. Es war ein langer Prozess, in dem ich viel experimentiert und mit vielen Ideen gearbeitet habe. Ich habe in der Zeit auch meinen Wohnort gewechselt. Es ist einfach viel passiert. So hat es dann einfach ein bisschen gedauert.
MusikBlog: Du stammst aus einer sehr ländlichen Gegend, bist dann aber irgendwann nach Dublin gezogen. Nun bist du wieder zu deinen Heimatwurzeln zurückgekehrt. Hat dieser Umzug auch eine musikalische Veränderung herbeigeführt?
Maria Somerville: Ja, in gewisser Weise schon, auch wenn ich jetzt nicht sagen würde, dass ich seit dem Umzug andere Musik mache. Das Fundament ist geblieben. Aber die Tatsache, dass ich dorthin zurückgekehrt bin, wo ich aufgewachsen bin, hat natürlich viele Gefühle, Emotionen und Erinnerungen wieder aufleben lassen, die dann auch mit in die Musik eingeflossen sind. Einige Songs auf dem neuen Album sind thematisch ganz eng mit meiner Heimat verbunden.
MusikBlog: Während dieser ganzen Zeit kam dann auch noch die Pandemie dazu. Wie hast du den Zustand des gesellschaftlichen Stillstands erlebt?
Maria Somerville: Das war natürlich eine ganz schwierige Zeit. Musikalisch betrachtet war es aber auch eine sehr ertragreiche Zeit, da ich keinerlei Druck hatte und alles auf mich zukommen lassen konnte. Das war aus künstlerischer Sicht sehr befreiend. Wenn ich es also ausschließlich auf die Musik beziehe, dann war es sicherlich eine sehr wichtige und wertvolle Zeit.
MusikBlog: Die neuen Songs klingen irgendwie gereifter und du wirkst in deiner ganzen Performance selbstbewusster. Mit welchem Gefühl bist du diesmal ins Studio gegangen?
Maria Somerville: Ich hatte die meisten Songs schon in Demoversionen fertig. Das habe ich alles daheim ausgearbeitet. So ähnlich habe ich es ja auch mit meinem ersten Album gemacht. Damals habe ich nur mit einer Person zusammengearbeitet – Brendan Jenkinson. Diesmal lief es etwas anders. Auf verschiedensten Wegen haben sich Kollaborationen mit anderen Künstlern ergeben, die das große Ganze dann natürlich auch ein wenig verändert haben. Für mich war dieser Prozess unheimlich spannend und auch sehr lehrreich, denn jeder einzelne hat seine eigenen Ideen mit eingebracht.
MusikBlog: Ist dir das Abgeben von einem gewissen Maß an Kontrolle leichtgefallen?
Maria Somerville: Natürlich war es zu Beginn ein seltsames Gefühl. Aber am Ende ging es einfach nur um Vertrauen. Und diesbezüglich sind wir uns alle sehr schnell nähergekommen. So war es dann irgendwann einfach nur noch spannend und inspirierend. Und ich bin unheimlich froh und auch super dankbar, dass ich das alles so erleben durfte. Wenn man mit so vielen verschiedenen Leuten zusammenarbeitet, dann nimmt man natürlich auch ganz viel mit. Es ist einfach ein unglaublich spannender Lern- und Weiterentwicklungsprozess.
MusikBlog: Maria, erinnerst du dich an einen bestimmten Moment, in dem dir bewusst wurde, dass du mit deiner Musik viele Menschen erreichen kannst?
Maria Somerville: Oh, ich weiß nicht. Eigentlich habe ich schon als Kind nur Musik in meinem Kopf gehabt. Meine Eltern haben immer gesungen. Und irgendwie wollte ich auch nichts anderes machen. So richtig ernst wurde es dann, als ich meine ersten eigenen Songs fertig hatte und nach einem Engineering-Kurs wusste, wie ich meine Ideen festhalten kann. Danach war klar, dass ich nichts anderes mehr machen will. (lacht)
MusikBlog: Wo fühlst du dich als Künstlerin am wohlsten? Daheim beim Songwriting, im Studio oder auf der Bühne?
Maria Somerville: Eigentlich würde ich sagen, dass ich die Zeit des Songwritings am meisten genieße. Aber wenn ich richtig drüber nachdenke, dann gehört irgendwie alles auch zusammen. Die Zeit im Studio ist auch immer sehr spannend. Und natürlich liebe ich es auch, auf der Bühne zu stehen und meine Songs live zu performen. Wir haben gestern erst unsere erste Show mit den neuen Songs absolviert, und es war einfach nur großartig. Wenn es zu einer Verbindung zwischen Musiker und Publikum kommt, dann ist dieser Moment einfach unbeschreiblich.
MusikBlog: Du wirst Anfang Mai auch in Berlin und Hamburg gastieren. Was können deine Fans von den Auftritten erwarten?
Maria Somerville: Wir werden als Trio auftreten. Ich habe noch einen Schlagzeuger und einen Bassisten mit dabei, und wir werden auch einige Samples und Backing-Tracks mit einbauen. Es wird sehr intim und atmosphärisch.
MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.