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Tocotronic – Golden Years

Melancholisch klang es, als das Titelstück der 14. Tocotronic-Ausgabe „Golden Years“ vorab auf die Suche nach der verlorenen Zeit ging. Das ist längst vorbei, alles steht zur Diskussion. Selbst die Alternative-Institution, die musikalisch stets frisch, bestenfalls äußerlich ergraute – außer Jan Müller, „der Mann, der nicht altern kann“ –  und inhaltlich immer politisch klar positioniert blieb, steht vor einem Bruch.

Mit Fertigstellung des Nachfolgers von „Nie Wieder Krieg“ geht Rick McPhail von Bord, der Saitenvirtouose, der seit 2004 an der Weiterentwicklung des Sounds der Band maßgeblichen Anteil hatte. Auf „Golden Years“ ist er noch einmal unüberhörbar involviert, trägt sein Spiel dazu bei, dass „Wie Ich Mir Selbst Entkam“ zu einem Referenzstück der Platte wird.

Mit den bekannten Zutaten aus dem Tocotronic-Baukasten wurde ein Klangbild im Corporate Design generiert, in dem sich die Tracks wie neue Freunde, die man schon ewig kennt, auf Albumlänge mit routinierter Abgeklärtheit, aufbrausendem Übermut und intimer Zurückhaltung ausbalancieren.

Mit Takten aus der Zwischenwelt eröffnet „Der Tod Ist Nur Ein Traum“, lässt die Nummer die Gitarren leise bei der Klärung der Nachbarschaftsverhältnisse zwischen den Protagonisten aus Dies- und Jenseits fiepen, gibt „Bleib Am Leben“ den schnurgeraden Pop-Rocker, machen leichtgängige Hooks „Ein Rockstar Stirbt Zum Zweiten Mal“ zum Hit.

„Mein Unfreiwillig Asoziales Jahr“ spürt mit langsamer Fließgeschwindigkeit die Zeit des darin beschrieben Wartens nach, überrascht „Niedrig“ mit einem Spagat zwischen Indie-Walzer und psychedelischen Klammerblues, lässt „Bye Bye Berlin“ keinen Zweifel an der Dringlichkeit, jener Stadt den Rücken zu kehren, die auf „Die Unendlichkeit“ noch als einstige Rettungsinsel galt.

Der Frontmann gibt seinen Texten Märchenhaftes mit auf den Weg, fesseln die Geschichten im Verbund mit der sonoren Erzählstimme wie einst seine H.P. Lovecraft Interpretationen, bleibt er „Der Seher“, dessen Deutungen in poetisch-nebulösen Assoziationen aufgehen.

„Vergiss Die Finsternis“ singt Dirk von Lowtzow kämpferisch und verspricht „Ich Schreibe Jeden Tag Einen Neuen Song“. Die dürfen auch nach „Golden Years“ mit Spannung erwartet werden!

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