Würde eine KI damit beauftragt, die mystische Bildgewalt skandinavischer Landschaften in Musik umzusetzen und darin Lust und Leid der Liebe einzupreisen, käme möglicherweise eine ähnliche kompositorische Grundierung dabei heraus, wie sie auf den Solo-Platten von Sivert Høyem zu hören ist.
Der atmosphärische Tiefgang, der den acht Songs seiner neuen Veröffentlichung „Dancing Headlights“ innewohnt, und mit dem der Madrugada-Frontmann den Nachfolger von „On An Island“ ohne seine 2008 aufgelöste Band so voluminös wie stilvoll klingen lässt, würde dort jedoch vermutlich fehlen.
Der Titeltrack führt opulent in das Werk ein, warme Gitarren und ein dezentes Piano dokumentieren beispielhaft, was der Protagonist meint, wenn er „Dancing Headlights“ im Ergebnis als „eine Handvoll straff arrangierter Popsongs, die organisch mit meiner Band aufgenommen und von Bjarne Stensli auf großartigste Weise abgemischt wurden“ einordnet.
Das eingängige „Love Vs. The World“ schöpft aus dem soliden Know-how der handwerklichen Möglichkeiten, auf die er und seine Mitmusiker*innen während der analogen Arbeit im Studio zurückgreifen konnten, ein Stück mit einer raumgreifenden Melodie, deren zugehörige Textur wie die der folgenden Nummern im Auf und Ab des (Zwischen-) menschlichen beheimatet ist.
Unaufhaltsam wühlt sich „The Great Upsetter“ durch die Szenerie, laut zetern die Saiten von „Hurdle“; so wie auch „Living It Strange“ vor satten Akkorden strotzt (Co-Autor war hier der britische Musiker Rob McVey), verortet der Norweger die Stücke zwischen Rock-Pop-Vermächtnis der Achtziger und Madrugada-Sound-Erinnerungen, bleibt dabei so zeitlos und authentisch.
Episch „Hollow“, dessen Streicher weinen, Melancholie und Nostalgie zwischen den Noten wohnt, Sivert Høyems Stimme in höchste Höhen schwebt, um von dort aus die Leere mit Hoffnung zu fluten.
Es lässt „Summer Rain“ die Tropfen des Landregens auf die Felle der Drums plätschern, bevor sich das Stück als rauschender Wolkenbruch entlädt, der Schwermut wegspült.
In der Summe seiner Facetten vermag „Dancing Headlight“ sowohl zu ent- als auch sehr dynamisch zu beschleunigen – „Some Miserable Morning“ sieht so bestenfalls die Rücklichter der Platte.