Wer sich mit dem Briefkopf von Francesco Wilking beschäftigt, der kommt aus dem Staunen nicht mehr raus. Das Multitalent hat seine Hände nämlich nahezu überall mit im Spiel, wenn es um gepflegte und nachhaltige Branchenkost geht. Nach Die Höchste Eisenbahn, Grucchi Gang und Artur und Vanessa kommt Francesco Wilking dieser Tage mit seinem nächsten Projekt um die Ecke. Gemeinsam mit AnnenMayKantereit-Gitarrist Christopher Annen hat Wilking das Album „Alles Was Wir Je Werden Wollten“ aufgenommen. Kurz vor der Veröffentlichung des Zweier-Debüts trafen wir uns mit Francesco Wilking und Christoper Annen zum Interview und sprachen über entspanntes Arbeiten, Lampenfieber und Kinderträume.
MusikBlog: Christopher und Francesco, auf der Suche nach euren ersten Berührungspunkten stieß ich auf einige Videos aus dem Jahr 2017. Ihr habt damals gemeinsam den Nina Hagen-Song „Farbfilm“ performt. Erinnert ihr euch noch?
Christopher Annen: Ja, das war in der Tat auch die Zeit, in der wir das erste Mal etwas zusammen gemacht haben. Da haben wir auch schon gemerkt, dass wir uns gut verstehen. Aber an ein gemeinsames Album war damals noch nicht zu denken. Die Idee dazu entstand dann erst im Jahr 2023.
MusikBlog: Ihr habt beide schon oft mit anderen Künstler*innen zusammen gearbeitet. Merkt man eigentlich sofort, ob es passt, oder kann sich die Entstehung einer fruchtbaren Kollaboration auch mal über einen längeren Zeitpunkt ziehen?
Francesco Wilking: Das merkt man eigentlich immer relativ schnell. Popmusik ist ja keine Raketenwissenschaft. Vielleicht hat man beim ersten Treffen nicht sofort nach zehn Minuten den ersten gemeinsamen Song im Kasten. Aber man fühlt und merkt doch relativ schnell, ob es passt. Vielleicht läuft das ein bisschen anders, wenn man klassische Musik macht.
MusikBlog: Wenn man sich eure Songs anhört, dann hat man den Eindruck, dass ihr während der Aufnahmen unheimlich viel Spaß hattet. War dem so?
Francesco Wilking: Absolut. Das war irgendwie ein ganz natürlicher Prozess, ohne Konzept und ohne Richtungsvorgaben. Wir haben einfach die Ideen, die wir hatten, auf den Tisch gelegt und dann angefangen, damit zu arbeiten.
Christopher Annen: Das lief auch interessanterweise die ganze Zeit so. Oftmals fängt man ja mit irgendeinem Sound oder irgendeinem bestimmten Instrument an und das Ganze verändert sich dann im Laufe des Prozesses noch ein paar Mal. Bei uns war es wirklich so, dass sich nichts mehr groß verändert hat. Was zuerst eingebracht wurde, das hört man jetzt auch auf dem Album.
Francesco Wilking: Das ist schon eine andere Herangehensweise. Bei der Höchsten Eisenbahn beispielsweise gibt es von jedem Song zehn verschiedene Versionen in zehn verschiedenen Tonarten. Die hat man dann irgendwann in irgendeiner Schublade. (lacht)
MusikBlog: Ihr wurdet im Studio von vielen Musiker*innen unterstützt. Fabian Langer hat das Ganze produziert und spielt Bass. Max Schröder saß am Schlagzeug. Stefanie Schrank ist mit dem Klavier dabei. Und es waren auch noch viele mehr. Hattet ihr diese Leute vorher schon im Hinterkopf?
Francesco Wilking: Nein, das haben wir dann eher spontan entschieden. Die meisten Songs hätten wir auch ohne Unterstützung aufnehmen können. Aber manchmal denkt man sich dann so: Mensch, wie wäre es eigentlich, wenn der oder die in dem Song diesen oder jenen Part übernimmt? Und dann fragt man einfach an und holt die Leute mit ins Boot. Letztlich gab es auch keine Zuarbeit von außen, die wir am Ende nicht verwendet haben. Jede Idee hat funktioniert.
MusikBlog: Warum trägt das Album den Titel des ersten Songs? Was macht den Track so besonders?
Francesco Wilking: Der Song fliegt halt so ein bisschen in der Gegend herum und fasst dabei alles so zusammen. Der hat so was Allgemeines.
Christopher Annen: Ich finde auch, dass der Song viel offenlässt, nicht so konkret ist und auch musikalisch viele Türen öffnet. Da sind so viele Instrumente mit dabei, dann singen wir beide auch noch zusammen. Das hat so was Umarmendes.
MusikBlog: Für den Song „Hundertmal Nichts“ habt ihr Rocko Schamoni als Gastsänger mit dabei. Wie kam es dazu?
Francesco Wilking: Wie eigentlich alles auf dem Album lief auch das total entspannt ab. Der Song spielt ja schon ein bisschen mit der Ironie, die auch Rocko gerne mal in seine Songs mit einbaut. Ich erinnere da nur an den Track „Geld Ist Eine Droge“. Ich habe ihn dann einfach gefragt, ob er nicht Lust hätte. Er fand die Idee auch cool. Und dann haben wir es einfach zusammen gemacht.
MusikBlog: Jetzt steht nach der Veröffentlichung des Albums auch noch eine Tour an. Fühlt ihr euch da nochmal an eure musikalischen Anfangstage erinnert?
Francesco Wilking: Wir sind natürlich gespannt, wie die Leute auf die Songs reagieren werden. Aber so richtig Lampenfieber habe ich jetzt nicht. Das ist für mich ja sowieso ein kleines Mysterium. Ich habe Lampenfieber, wenn überhaupt, immer nur in den seltsamsten Momenten. (lacht)
Christopher Annen: Also ich werde schon aufgeregt sein. Die Clubs sind ja jetzt nicht so riesengroß. Wenn ich da dann vorne am Mikrofon stehe, dann ist das bestimmt nochmal anders als bei AnnenMayKantereit, wo ich ja eher im Hintergrund agiere.
MusikBlog: Wenn man so ein intensives Projekt mit einer Albumveröffentlichung und einer anschließenden Tour aufzieht, dann sollte es ja auch zwischenmenschlich gut funktionieren. Was schätzt ihr denn an eurem Gegenüber besonders?
Francesco Wilking: Mit Christopher kann man einfach gut abhängen und entspannt Musik machen. Es wäre halt nicht ganz so cool gewesen, wenn er zwar ein super krasser Musiker wäre, mit dem man dann aber keine zwei Sätze wechseln kann. Es muss einfach auf beiden Ebenen passen. Und wir hatten einfach eine coole Zeit, in der dann auch noch ein Album herausgekommen ist.
Christopher Annen: Ich kann mich da nur anschließen.
MusikBlog: „Alles Was Wir Je Werden Wollten“ heißt das Ergebnis eurer ziemlich entspannten Zusammenarbeit. Was wolltet ihr denn irgendwann mal werden, als ihr noch Kinder wart?
Francesco Wilking: Oh, ich weiß noch, dass ich Ritter werden wollte. Ich habe mich später auch sehr für Dinosaurier begeistern können. Das habe ich dann irgendwie auch an meinen Sohn weitergegeben, der sich mittlerweile auch sehr für die Paläontologie interessiert. Vielleicht ist das auch mein eigentliches Fachgebiet. (lacht)
Christopher Annen: Ich wollte zuerst Sportler werden, weil man Vater auch Sportler war. Irgendwann haben mich dann aber auch die Biologie und die Natur sehr fasziniert. Mit einem weißen Kittel, einem Mikroskop und irgendwo im Labor: Das war als Kind schon ziemlich lange mein Berufstraum.
MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.