Der umtriebige Berliner Schlagzeuger Chris Imler verzieht sich mit seinem vierten Soloalbum „The Internet Will Break My Heart“ dahin, wo es sich noch halbwegs aushalten lässt. In den Untergrund.

Das Internet zerstört die Welt. Und das ist nicht erst so, seit Musk zu Trump‘s Göbbels geworden ist. Es scheint nur inzwischen keinerlei Notwendigkeit mehr zu geben, daran etwas zu verschleiern. Alles auf Abriss, alles auf Einsturz, mit modernster Technik zurück ins Mittelalter. George Orwell lässt grüßen.

Da mutet die These: „The Internet Will Break My Heart” beinahe niedlich an. Vor zehn Jahren noch wäre es ein reißerischer Aufmacher gewesen, heute entspricht der Satz einer täglichen Routine.

Die Musik dazu ist stoisch, elektronisch und ja, auch dystopisch. Zu lachen gibt es in diesem unterkühlten, Rhythmus dominierten Album selbst dann nichts, wenn die Statements vermeintlich ironisch gebrochen werden.

Wenn Imler sprechsingt, als hätte er zuletzt viel Falco gehört, verleiht das vielmehr auf seltsame Weise der Ernsthaftigkeit noch mehr Nachdruck. Ein Titel wie „Me Porn, You Porn“ hin, einer wie „The Train Seems To Know Where I Go” her.

Meistens widmet er sich mit kritischem Blick der digitalen Welt und lässt daran kein gutes Haar. Und das, obwohl er nie urteilt, sondern einfach nur benennt: „Love is a Battlefield, eine Schlacht wird nachgespielt.“

Pornografie, Krieg, Drogen – alles Schauplätze von der dunklen Seite des World Wide Web. Die Folge: „Agoraphobie“. Ein Stück, das nicht nur durch die Zusammenarbeit mit der Underground-Künstlerin Naomie Klaus besticht, deren verführerischer Gesang sich um westliche Gitarren und thereminartige Synthesizer windet, sondern auch durch die grimmigen Lyrics: „Ich werde wach mit der Anstalt/ Die Kacheln sind kalt, ich suche nach Halt/ Ich finde ihn nie, Agorphobie“.

Zwischen krautrockiger Atmosphäre und Industrial-Tanzmusik gelingt Imler ein packendes und kluges Album, das die Abgründe des digitalen Zeitalters auf eindringliche Weise erforscht.

Aus dem Untergrund, für den Untergrund. Ist man durch mit dem Album, besteht kein Zweifel daran, dass dieser um seiner selbst willen wieder deutlich analoger werden dürfte. „Vielleicht sollten wir unsere eigenen Kanäle graben, unsere eigenen Sender und Empfänger haben.“

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