Charles, Paul, Noah und Theo. Nein, das sind nicht die Namen der TKKG Neubesetzung, aber um vier Freunde handelt es sich trotzdem. Anstatt irgendwelche Vorstadtkriminalfälle zu lösen, machen diese Vier Musik. in zwei Studios in Paris haben Later. ihr zweites Album „Golden Bay“ eingespielt. Das Ergebnis klingt sogar ein wenig nach Strand, aber nicht zwingend Urlaub.

Vermag das eröffnende, bluesig, spratzelnde „Open The Gates“ instrumental noch auf Indie-Rock einstimmen, spürt man beim folgenden Titeltrack „Golden Bay“ INXS Vibes, bevor es auf seichten Synth-Pop-Gewässern gondelt. Der Chorus kickt eingängig, die Gitarrenakkorde haben den Club-Groove und doch klingt alles ein wenig nach Baukastenprinzip.

Dumpfdösende Synthies, ein juchzender Refrain und mittendrin ein wenig E-Gitarren Saitengezurre, fertig ist der Later.-Indie-Pop. Damit füllen sich Clubhallen und das Hochglanzpostergehabe der Jungs sorgt sicherlich für einen erhöhten Östrogenspiegel in den vordersten Besucherinnenreihen.

Aber wollen wir mal nicht so oberflächlich sein und lassen uns von „Cold Touch“ und seinem smoothen Bassgroove einlullen. Dazu ein wenig französischer Discohouse und smarter, sanfter Gesang und schon fühlt man sich mit Rollerblades eine Strandpromenade entlang brausen.

Solange man dabei niemanden über den Haufen rollert, ist man auch der „Sinner For You“. Schwummrig fiebernd nässt sich der Titel bis zum erlösenden Discogitarren-Akkord ein. Der mehrstimmige Gesang sorgt im Chorus für Gefühlschaos, bringt die Butter zum Schmelzen und lässt einen doch relativ kalt.

Was ist los mit Later.? Die Produktion ist zu glatt, der Gesang zu sehr Boygroup und die Texte aus der Bravo.

„Lean On Me“ ist da fast noch eine rühmliche Ausnahme. Im schwülen Schwof des Synthesizers wiegend, sorgt der Gitarreneinsatz für bluesige Kontrapunkte im flehenden Dringlichkeitsgebahren der hormonellen Verkehrsbehinderung. Das groovt sich ein und verbleibt im Ohr, auch wenn es ein wenig klebrig ist.

„The Edge Of Light“ weicht auf die Tanzfläche aus und ist dort gut aufgehoben. Das Rezept aus Disco-Rhythmik und Synthesizer-Pop geht auf und verhilft dem Album zu deutlichem Mehrwert.

Gut, dass auch „Echo“ mit satten Housegrooves, cooler Drumrhythmik und fließendem Gesang der musikalischen Offenbarung treu bleibt.

Wer ausreichend die Hüften bewegt und das Tanzbein geschwungen hat, verfällt der souligen Netflix&Chill-Aufforderung „Baby Come Over Tonight“.

Wer bei „Anything Goes“ an den anschließend stattfindenden Schweinkram denkt, wird enttäuscht. Wer sich jedoch gerade fragt, wann Phoenix wohl mal wieder ein neues Album veröffentlichen, der bekommt ein Aha-Erlebnis auf dem Silbertablett serviert. Der sanft rollende Track geht eindringlich ins Ohr und lässt Elektroklänge derart seifenblasenartig blubbernd durch den Äther wabern, dass man versucht ist, sich zu vergewissern, auch weiterhin Later. zu lauschen und nicht Phoenix.

Mit der alles entscheidenden Frage „What Are We Doing Here ?“ beschließt das Pariser Quartett „Golden Bay“ nach zehn Titeln schon. Der Bass trollt sich zur schäkernden Rhythmik und gerade als man dabei ist, sich einen Glimmstengel anzuzünden, klappt die Kinnlade runter. Der Gesang bohrt sich eindringlich ins Gehör und da ist er wieder, dieser INXS Vibe. Die Basssaiten-Ekstase bringt die Hormone, die durchs Mikro geschickt werden, zum Tropfen.

Und gerade, als die Hüften zu kreisen beginnen, beherrscht die Frage, was man da eigentlich macht, tatsächlich das Hörerlebnis.

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