Benjamin Booker hat sich eine lange Auszeit genommen. Fast acht Jahre sind vergangen, seit dem der aus Virginia stammende Musiker sein letztes Album „Witness“ veröffentlichte. Derweil war Booker bereits mit seinem selbstbetiteltem Debüt aus 2014 eine große Karriere vorausgesagt worden. Der rohe, dreckige Mix aus Blues- und Garage-Rock lies die US-Fachpresse nach Superlativen suchen und so manche Late-Night-Show beehrte er mit seinem Auftritt. In Deutschland mag man ihn noch in guter Erinnerung haben, als er das sympathische Haldern Pop Festival besuchte.
Doch es scheint sich einiges verändert zu haben im Leben von Benjamin Booker, allen voran, die angestrebte Musikrichtung. Denn „Lower“ wurde nicht nur gemeinsam mit Hip-Hop-Produzent Kenny Segal eingespielt, auch ein neues Label steht bereit, um die Neuausrichtung zu unterstützen.
Und die hat es in sich – indieske Fuzzgitarren wabern um wummernde HipHop Beats, welche durch Lo-Fi Synthies den zarten, fast schon hauchenden Gesang in „Black Opps“ befeuern, den attraktiven Einstieg ins Album.
„LWA In The Trailer Park“ packt schnarrende Gitarren aufs selbige Grundgerüst. Das kratzt, spratzelt und blubbert – doch der bittersüße Gesang von Booker macht den Sound doch sehr bekömmlich.
Dieser hat wohl lange, fast schon verzweifelt, nach einer neuen musikalischen Ausrichtung gesucht, die er auf seinem dritten Album präsentiert. Man mag ihm nur gratulieren, denn das smoothe „Pompeii Statues“ lässt Akustik-Indie-Pop auf schäkernde Beats treffen.
Balladesk wälzt sich „Slow Dance In A Gay Bar“ im Sog von Soulsampling und Bookers gehauchtem Gesangseinsatz, bevor „Speaking With The Dead“ schon im Titel bestimmt, wohin die Reise geht.
Selbstreflektiert zeigt sich ein feines Gespür für Beobachtung in Bookers Texten, die sich mit Themen wie dem Tod, Rassismus und der Gesellschaft auseinandersetzen.
Das wird am deutlichsten bei „Same Kind Of Lonely“, das mit einem Soundschnipsel eines High-School Shootings in Bookers Stadt New Orleans und anschließendem Lachen seiner Tochter schockiert und sicher gewollt polarisiert.
Doch auch darauf hat sich Benjamin Booker spezialisiert, wie das akustisch fröhliche „Rebecca Latimer Felton Takes a BBC“ zeigt. Dessen hintergründige Textzeilen versteckt er gekonnt zweideutig.
„New World“ lässt den Regen auf Pianos prasseln, bevor man mit der Drummachine die Rhythmik zur Eingängigkeit hin steuert. Trotz des verhaltenen Gesangs hat der Chorus eine eindringliche Stimmung, was den Charakter des Albums ein wenig freundlicher wirken lässt.
Das reicht hin zu „Show And Tell“, das Ben Bookers beschlagenes Organ mit folkigem Ansatz unterstützt und einen Refrain bietet, dem man durchaus das Ohrwurmprädikat verleihen kann.
Die Schwermut lässt nicht ab, wenn „Heavy On My Minds“ schwer schlagende Saiten anstimmen und Booker sinnierend von „if there´s Hell, there is heaven“ singt, dabei das „universe of love“ sucht.
Letztendlich bleibt ihm doch nur „Hope For The Night Time“ als letzte Hoffnung und als letzter Track. Im Downtempo über Synthiesamples stolpert er darin in Richtung Licht.
Denn das Album „Lower“ bringt genau das, nicht nur in Benjamins Leben. Vom Bluesrock abgewandt, zeigt Booker ganz neue Qualitäten mit seiner Mixtur aus Indie- und Lo-Fi-Pop. Der Blues bleibt, in Form seiner Texte und in seiner stimmlichen Qualität, die selbst im elegisch gehauchten Tonfall noch Emotionen rund schleift.
Ein Comeback, wenn man so will, ein großartiges Album definitiv.