Herbst. Ein melancholisches Momentum, in dem – wie es Peter Hein einst in „Der Fremde“ formulierte – „die Sommergeilheit sich endlich legt” und sich eine gute Gelegenheit eröffnet, mit den eigenen zwischenmenschlichen Fähigkeiten in Revision zu gehen. Nitsch liefern zu diesem Anlass den Soundtrack, preisen emotionalen Blues und Zeitgeist ein, in dem abseits der Social-Media-Kanäle Vereinzelung und Abschottung um sich greifen.
Indie-Institution Nicolas McCarthy, der u.a. bei Franz Ferdinand in die Saiten griff und der Österreicher Niklas Mitteregger, Mime am Residenztheater München, lassen ihrer EP „Nieder Mit Der Welt” nun den Debüt-Longplayer folgen, auf dem das Thema Liebe die zentrale Rolle spielt.
Drifter, Nihilisten und Misanthropen treffen sich darauf in der imaginären „Bar Von Josefine”, einer Blaupause vom Grazer „Cafe Hello Josefine“, ein Ort, an dem alles noch analog funktioniert, es sich gemeinsam einsam gut aushalten lässt.
Nichts kommt zusammen, was nicht zusammengehört. Macht Cannabis zwar die „Pupillen” groß, verhilft aber nicht zum Durchblick, findet sich hinter „Patschuli”-Wolken eine Inhaltsleere, die Mitteregger in einem lakonischen Vortrag seziert.
Wie es die Lassie Singers in „Hallo Laute Welt“ schon 1996 feststellten: das Klientel bleibt vorwiegend „berauscht von der eigenen Ungeselligkeit“, drehen die Gäste aus Josis Kneipe gemeinsame „Gassi”-Runden, schauen im fahlen Licht in Pfützen, die sich neben dem Klammerblues in der „Sauna“ aus Eitelkeiten und Selbstmitleid speisen.
Die 11 Tracks sind variabel arrangiert, biegen mit Bass und Synthies via „Grau” im The-Cure-Design kühl-poppig um die Ecke, treibt straffer Wave „Spring” vorwärts, bringt sich „Karre“ mit viel Drive in eine Hit-Pole-Position.
Neben der Personality des Musiker-Duos beziehen die Nummern ihren Charme aus einer zeitlosen musikalischen Melange, die Erinnerungen an die Großtaten von Wanda über Bilderbuch bis Adriano Celantano weckt.
Nicht nur die Gäste der „Bar Von Josefine“ – die eigentlichen Protagonisten*innen dieser Platte – dürften sich mit diesem Werk mindestens bis zum „Ende Der Welt“ bestens unterhalten fühlen.