Dieses magische Destillat einer Club-Nacht, ach was – tausender Club-Nächte, wird die zweite Jahreshälfte von 2024 für Indie-Herzen dominieren. Jamie xx hat sich für diesen Nachfolger des gigantischen „In Colour“ dafür durch teils gegensätzliche Genres, Strömungen und Gastbeiträge gewühlt, die Songs wieder und wieder auf Tanzflächen wachsen lassen und am Ende eine – wie erwartbar – außerirdisch gute Produktion auf die Beine gestellt.
Damit kann „In Waves“ natürlich alle Erwartungen bestens erfüllen. Für das Wunderkind der Elektro-Szene ist das auch keine große Überraschung, denn nur wenige bringen herzzerreißende Melancholie so flüssig mit alles überstrahlender Lebensfreude auf eine Bühne.
Besonders monumental wird es auf der Platte immer, wenn Jamie xx seine illustre Gästeliste ausführt. Wenn „Waited All Night“ (featuring Romy und Oliver Sim) den Wunsch nach einer neuen The-xx-Platte nahezu unerträglich macht, wenn „Dafodil“ mit Kelsey Lu, John Glacier und Panda Bear in 3:30 Minuten eine lässige Dance-Hymne zusammenbringt, wenn „Life“ featuring Robyn der eingängigste Hit der Platte ist, oder „All You Children“ mit den Avalanches seinen breitflächigen Community-Gedanken vortanzt.
Auch zwischen diesen Highlights spielt Jamie xx seinen unverkennbaren Sound so vor, wie man es sich nur wünschen konnte: „Treat Each Other Right“ etwa baut auf pulsierende Repetition im Kosmos vom Moby-Sound der frühen 00er-Jahren, bis der Song in der Mitte kippt und in einen psychedelischen Roadtrip switcht.
An dieser Schwelle von Erwartbarkeit und Hit-Orientiertheit bis zu den überraschenden Zwischenspielen wie beim Robo-Talk in „Breather“ spielt „In Waves“ seine Vision vom Electronica-Sound der Zukunft vor. Inmitten all der elektronischen Spielereien und Verfremdungen ist dabei das Miteinander im analogen Raum im Fokus.
Damit schafft die Platte auch das, was Jamie selbst als Ziel deklarierte: Die einzigartige Erfahrung einer engen, schwitzigen, echten Club-Nacht auf eine Platte zu verewigen.
Der Ansatz dahinter ist nicht neu. Jamie xx‘ epochaler Sound aber auch 2024 noch. Und „In Waves“ wird damit zur wichtigsten Dance-Platte der zweiten Jahreshälfte.