Ein Hoch auf die Legalisierung des Cannabis. Endlich kann man ungestört auf der heimischen Terrasse kalifornischen Prog-Rockern zuhören und dabei selig in die Sonne grinsen. Der Traum eines jeden Althippies ist legal geworden. Zeit, dass die Musik verboten wird. Das wiederum würde uns Wand vorenthalten, das Musikerquartett spielt produktiven, progressiven Rock der nur wenig, aber eindrucksvoll die Genregrenzen erweitert.

Glaubt man der Promotion, ist das neue Album „Vertigo“ vollends im Schaffen entstanden. Kein Songwriting – nur Jammen, Brainstormen und alles im Flow lassen.

Nach dem ersten Durchlauf kann man dem scheinbaren Entstehungsprozess von Tracks wie – im besten Sinne progressiven – „Hangman“ oder dem enervierend kratzenden „High Time“ nur zustimmen.

Wand verstehen sich darauf, mit Noise- und Garage-Rock-Elementen dem eigenen Sound Facetten zu verleihen, die dem stets hochgestimmten Gesang von Cory Hanson entgegenkommen.

Das bereits angesprochene „Hangman“ groovt sich wabernd ein, fährt dann Anhalter mit Hansons Lebensgeschichte im Gepäck, nur um letztendlich den Bläsern den Vorrang zu geben.

Fließende Übergänge bilden ein weiteres Stilmittel, die zum homogenen Sound beitragen, der mit „Curtain Call“ weitergetragen wird.

So fährt man eine Wall of Sound auf, um das im Song beschriebene Scheitern auch musikalisch zu transportieren. Das fließt langatmig orgelnd durch den Äther und stimmt auf das deutlich taktvollere „Mistletoe“ ein.

Dieses wiederum schäkert sich vibrierend wummernd in einen ganz eigenen Groove, der schon fast ein Kopfnicken provoziert. Begeisternd wie Sänger Cory Hanson es stimmlich schafft, den Rhythmus anzugeben und dabei selbst egobeladene Bläsersektionen in Zaum halten kann.

Aber wo ist denn nun der bewusstseinserweiternde Sixties-Sound ? „JJ“ entschädigt harmonisierend mit zaghaften Melodien, Halleffekten und gesanglich meditativem Einsatz, der sich der Schwere der eigenen Gedanken widmet.

Diese lösen sich in die Sphäre, wenn ein kosmischer Chorus einsetzt und uns mit „Smile“ zurücklässt, einem deutlich dichter gewebten Instrumentalteppich, der sich dennoch hörbar demselben Jahrzehnt verschrieben hat.

„Lifeboat“ hingegen wirkt wie das wunderliche Anhängsel, das mit leisen Tönen an der Holztür des eigenen Verstands kratzt, in einer Percussion dem Drang nachgibt, eine Rhythmik zu erzeugen und mit atemlosen Bläsern den hauchdünnen Gesang transportiert. Wenig später setzen auch Saiteninstrumente ein, die, die Lagerfeuerstimmung verstärkend, den Titel ausklingen lassen.

Verwunderlich sicherlich auch „High Time“. Das schnarzt, knarzt, kratzt und sägt am Gehör. Es schabt mit eindringlichem, kanonartigen Gesang am Wahnsinn und entführt uns mit einer schier nie enden wollenden, dynamischen Riffwelle auf die Insel der Glückseligkeit. Das knabbert derart am Progrock-Glückskeks, dass man die enthaltene, synthesizerverstärkte Weisheit herbeisehnt.

Leider ist „Seaweed Head“ nicht ganz so beladen mit Glückseligkeit. Der Track sitzt eher gedankenverloren am Ozean und lauscht den Geschichten der Wellen. Oder denen von Cory Hanson. Egal. Der Titel ist ein stimmiger, leicht schräg instrumentierter Mindfuck, der das Album der Kalifornier beendet.

Ob mit oder ohne Cannabis, „Vertigo“ ist ein abwechslungsreiches, tiefgreifendes und instrumental herausforderndes Progrock-Werk. Das Genre erweitert man bewusst und intuitiv, ohne sich zu sehr im Ton zu versteigen. Herauskommen solche Perlen wie „Lifeboat“ oder „High Time“. Allein die sind es allemal Wert, mehr Zeit mit Wand zu verbringen.

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