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Travis – L.A. Times

Zeit für Melancholie? Ein Vierteljahrhundert ist seit Travis’ großem Durchbruch und ihrem legendären Longplayer „The Man Who“ vergangen. Nun erscheint das zehnte Studioalbum der Band, es heißt „L.A. Times“.

Mit ihrem großen Erfolg im Jahre 1999 schafften Travis den Aufstieg in die Premier League des Britpop – nach ihrem Überhit „Why Does It Always Rain On Me“ war nichts mehr wie zuvor.

Dem Umbruch voraus geht jedoch meist Hoffen und Bangen. In „Bus“, dem sich sanft entfaltenden Eröffnungsstück des neuen Albums, veranschaulicht Frontmann und Songwriter Fran Healy dies mit Blick auf die Anfangsjahre von Travis als Warten auf den Bus.

Im dazugehörigen Video stehen die vier Bandmitglieder an einer Bushaltestelle in den schottischen Highlands. „Away to better days“, singt Healy mit seiner unverändert und unvergleichlich wohlklingenden Stimme. Auf einem Plakat prangt der Schriftzug „Escape“.

Doch so sehr die bittersüßen Travis-Melodien zu einer Mischung aus Melancholie und Eskapismus auch einladen, ist „L.A. Times“ ein sehr gegenwärtiges Album, in dem persönliche Erlebnisse und gesellschaftliche Beobachtungen kunstvoll miteinander verflochten werden.

Dass die im Opener besungenen „better days“ uns nicht mehr zufallen – wie es vielleicht vor 25 Jahren noch war – und wir stattdessen darum kämpfen müssen, ist ein Grundton des Albums. Dies wird auch im bereits vorab veröffentlichtem „Gaslight“ deutlich.

„Is there something wrong whith me?“, fragt Healy hier scheinbar harmlos, und plötzlich landen wir in einer Welt voller Manipulation und Desorientierung. Dies alles auf dem Rücken eines händeklatschenden, fingerschnipsenden Beats zu verhandeln, zeigt Travis‘ besondere Klasse.

Mit etwas weniger BPM, aber nicht weniger energiegeladen, zeigt sich „Raze The Bar“ – aller Vergänglichkeit zum Trotz. Der Song ist eine Hymne an eine den Covid-Lockdowns zum Opfer gefallene Künstler-Bar. Wer genau hinhört, erkennt Chris Martin und Brandon Flowers im Hintergrund.

Bezugspunkt und Inspirationsquelle des Albums ist – mit Blick auf Titel und Cover wenig überraschend – Los Angeles, wo Fran Healy seit einer Dekade lebt. Die Stadt der Engel, das „La La Land“, in dem aber die „better days“ für allzu viele unerreichbar bleiben.

Im titelgebenden „L.A. Times“, dem großen Finale der Platte, thematisiert Healy genau dies, komprimiert in einem Bild: ein gelber Lamborghini, der an einer Unzahl von Obdachlosen vorbei rauscht.

Wir hören Hubschrauer-Rotoren, Polizeisirenen, eine schwebende Klaviermelode – und Healy im Sprechgesang: „And so it goes, and so it froze. […] We’re living in L.A. Times.“

Mit „L.A. Times“ sind Travis sich auf beste Weise treu geblieben: Lyrics auf der Höhe der Zeit – in einem variablen, aber stets unverkennbaren Soundgewand, in das wir uns seit „Why Does It Always Rain On Me“ nur zu gerne einschmiegen.

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