Dieses Album hätte es ohne YouTube vielleicht niemals gegeben – denn die in Taipei geborene Rapperin 潘PAN ist eine DIY-Künstlerin, die sich die meisten Skills von Tutorials und Videos anderer Künstler*innen angeeignet hat. Ihr erstes Album als 潘PAN – zuvor veröffentlichte sie als Aristophanes Musik – ist ähnlich vielschichtig und auch überfordernd wie das Bewegtbild-Angebot der Videoplattform.
Das sollte all diejenigen nicht weiter überraschen, die 潘PAN bereits von ihrer Zusammenarbeit mit Grimes auf „Darkseid“ vom Album „Miss Anthropocene“ oder „SCREAM“ von „Art Angels“ kennen. Ähnlich wie diese Synth-Pop-Visionärin geht auch 潘PAN auf „Pan The Pansexual“ vor. Nur eben auf der Basis von undurchdringlichen Sounds.
Denn die acht Songs ihres Debütalbums haben sicherlich vieles zu bieten, Gefälligkeit oder Eingängigkeit gehört aber nicht dazu. Diesen Gefallen möchte die Künstlerin auch bewusst nicht machen, geht es doch auf dieser Platte um „eine junge und unerfahrene Hexe“, die die Sache mit den Zaubersprüchen und Tränken nicht immer hinbekommt. Auf anderer Ebene: Es geht um das (queere) Frausein, um die Traumata, die Emotionen, das explizit sexuelle Verlangen.
Für letzteres steht vor allem „FNGRMHRDR“, dessen Buchstabenfolge genau das heißt, was man sich beim ersten Lesen denken könnte („Finger me harder“, Anm. d. Red.). Dieser Track sticht mit seinen rauen Beats und der kühlen Repetition des Songtitels sinnlich und strukturell aus der restlichen Platte hervor.
Die ist sonst nämlich kaum zu bändigen – etwa, wenn in „Embers“ ein verwaschener Sound-Mix wie im ICE am Fenster vorbeifegt, während Pan Wei Ju (so der bürgerliche Name der Künstlerin) ins Mikrofon nuschelt.
Etwas dramatischer wirkt die Inszenierung in „Reborn“, das sich durchaus an Björk orientiert und explosive Chorale mit den kühlen Beats in disharmonischen Einklang bringt.
Klassischen Rap gibt es auf „Pan The Pansexual“ hingegen nur in „Ghosts“, das hüpfende Beats mit König-Buu-Huu-Gedächtniskichern unter die Worte legt. Das liest sich vermutlich schon absurd, aber immer noch nicht ansatzweise so abwegig wie die Platte klingt.
Für alle Fans von überhöhtem Ausdruck und extravaganter Abkehr jeglicher Strukturen ist diese Platte gefundenes Fressen. Für alle anderen vor allem der Kopfschmerz in Albumform. Wie es sich für Hexen eben gehört.