Arab Strap – I’m totally fine with it 👍 don’t give a fuck anymore 👍

Man sollte eigentlich meinen, dass es im heutigen, digitalen Zeitalter schon öfter vorgekommen sein sollte, aber: Albumtitel mit Emojis trifft man doch eher selten an. Und wenn einer von Arab Strap kommt, kann man sich komplett sicher sein, dass der doppelte Daumen nach oben vor Zynismus und Passiv-Aggression nur so trieft.

Ganz besonders den nicht-bildlichen Rest des Titels: „I’m totally fine with it 👍 don’t give a fuck anymore 👍“ kauft man den Schotten sofort ab, wenn man mit ihnen und ihren Werken vertraut ist.

Dass Aidan Moffat und Malcom Middleton allergisch auf Bullshit sind, merkte man ihnen schon in ihren ersten Jahren als Band bis zur Auflösung 2006 an. Und auch nach der Wiedervereinigung 2016 und vor allem mit dem ersten Post-Reunion-Album „As Days Get Dark“ von 2021 wurde immer wieder klar: Arab Strap sind angepisst und müde.

Anders als noch auf dem Vorgänger therapiert sich das Duo nicht von Anfang an mit bittersüßem Hedonismus in Form von Substanz- und Fleischgelüsten, sondern beginnt mit größeren Ideen: Der Opener „Allatonceness“ beginnt als gitarrenlastiger Garagen-Reißer.

Moffat schimpft deutlich genervt über Schwurbler und Nazis, über Wichtigtuer und Kapitalismus, über Rattenfänger und Trittbrettfahrer, während das Schlagzeug unentwegt poltert und der Fuzz-Bass sich durch die Luft schneidet.

Nach dem kleinen Wutanfall geht es wieder entschleunigter und darüber hinaus synthetischer weiter. „Bliss“ fiept und klimpert irgendwo zwischen The National und Massive Attack daher, während der Sänger in breitem schottischem Sprechgesang über diese abermals verfluchte Liebe predigt.

Die Reibung zwischen elektronischer Präzision von Drumcomputern oder Synthesizern und der romantischen Wärme von Gitarren heizt dabei regelmäßig die Stimmung an. Die Tracks werden oft schnell überaus intensiv, chaotisch und gehen am Schluss in regelmäßigen Gefühlsexplosion auf.

Pessimisten-Crooner Moffat hat hier leichtes Spiel und zählt immer weitere Dinge auf, die ihn fertigmachen, die zur Selbstzerstörung beitragen, die er aber nicht lassen kann, weil sie so gut tun.

Das macht der Schotte auch nach 30 Jahren so charmant und eindringlich, dass man an seinen Lippen hängt und jedes seiner Worte aufsaugt. Diese ganz bestimmte Anziehungskraft Moffats ist es, was sein Gefühlschaos so greif- und nahbar macht.

So sehr sogar, dass man sich am Ende selbst schon über das Leben denkt: Ja, finde ich ganz toll – ist mir mittlerweile scheißegal. Und beide Daumen überaus sarkastisch hochhält. Denn diese tiefe, grantige, aber doch authentische und zärtliche Stimme hat es einem eingeflüstert. Und wie kann man da nein sagen?

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