Die Suche nach relevanter Musik aus Münster gelingt auch ohne das Star-Ermittlerduo Boerne/Thiel. Komfortabel wurde und wird die einheimische Szene aus der Studenten- und Fahrradstadt beliefert, haben sich einige Bands in nationalen Song-Verzeichnissen verewigt, die Ska-Pioniere El Bosso & Die Ping-Pongs, die Crossover-Kapelle H-Blockx und – „Forever Young“-Alphaville gehören u.a. in diese Riege, seit 2010 mischen Messer lautstark mit.

Seit ihrem 2012er Debüt „Im Schwindel“ mit Zeit- und Gesellschaftsgeist reflektierenden Beiträgen fest im Indie-Sektor etabliert, bringt das Quartett vier Jahre nach „No Future Days“ mit „Kratermusik“ ihren fünften Longplayer in Stellung, mit dem sie sich stilistisch erneut zwischen allen Stühlen verorten, die diverse 80er Prä- und Post-Protagonisten im Raum stehen ließen.

Einschläge – ob physisch im Kriegsgebiet oder durch Verbal-Sprengstoff entstanden –  hinterlassen Krater, scharfkantige, die für Hendrik Otremba – semantisch übersetzt – vieldeutig und schroff bedeuten. Dato berichten er und seine Kollegen Pogo McCartney, Milek und Philipp Wulf von den Narben, die sich von der Erdkruste bis ins innerste sozialer Gefüge ziehen.

Der raue Post-Punk der Gründerjahre ist mit den Jahren differenzierten, handwerklich fundierten Arrangements gewichen. So starten Messer mit dem Opener „Frieden Finden“ die in diesen Tagen schöne Fantasie per funkigem Basslauf und einem Hauch Turbostaat, schieben dann mit dem hibbeligen „Schweinelobby (Der Defätist)“ Bigband-Ska mit Don-Quichotte-Attitüde hinterher.

Heftig wechselt „Der Atem“ die Tempi, schwelgt „Kettenrauchers Letzte Nacht“ per Saxophon im Fehlfarben-Spirit.

Eine ähnliche Stimmung generierend, die schon auf Mutter-Platten faszinierte, gibt „Eaten Alive“ die dynamische Punk-Rock-Nummer, sorgt Dews-Frontfrau Pola Lia Levy für Harmonie „Im Falschen Traum“ und Kreator-Legende Mille Petrozza (vormals bereits mit Dagobert genre-fremd unterwegs) in „Grabeland“ für Abgründigkeit.

„Die Leute sehen nur sich selbst“ singt „Spiegel“, steht damit inhaltlich nah bei „Die Kapieren Nicht“ vom 2013er-Album „Die Unsichtbaren“. Und, dass Lernen tatsächlich als menschliche Kernkompetenz verloren gegangen scheint, davon berichtet auch „Kratermusik“ verklausuliert bis klar.

Der Bürgermeister Der NachtJoachim Franz Büchner, hilft ausgangs gemeinsam mit Messer, dass „Am Ende Einer Groszen Verwirrung“ die Hoffnung auf deren Auflösung noch nicht stirbt.

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