Es gibt wohl kaum eine Persönlichkeit in der Indie-Landschaft der vergangenen drei bis vier Jahrzehnte mit mehr Wiedererkennungswert: J Mascis erkennt jeder Musiknerd im Schlaf, nicht nur an seinem silbernen Haar und seiner entspannt zurückhaltenden Art.

Auch sein musikalisches Werk, das der Gitarrist hauptsächlich mit den ikonischen Dinosaur Jr. tatsächlich schon seit 40 Jahren bestreitet, ist trotz – oder gerade wegen – seiner Simplizität ein unverkennbares Stück Gitarrenmusik-Geschichte.

Ein Schlagzeug, ein Bass, eine Gniedel-Gitarre, ein etwas müde wirkender Krächz-Gesang und eine sympathische Rock-Pop-Mischung. Mehr braucht es nicht, um mit jedem Album zu faszinieren und mit nuancierter Entwicklung über die Jahre spannend zu bleiben.

Aber auch unter dieser Prämisse brauchte Mascis hin und wieder einen kleinen Solo-Abstecher, um ein wenig mehr eigene Persönlichkeit herauszulassen. Mit “What Do We Do Now” macht sich der Gitarrist schon zum fünften Mal alleine auf.

Dabei lauern, wie man es eben erwartet, keinerlei erschütternde Überraschungen in den zehn Songs: Wie man es von früheren Solo-Alben von Mascis kennt, lehnt sich der Sänger auch hier in vermehrt akustische Gefilde und lässt gern Akustikgitarren und Klaviere in seine Slacker-Welt.

Der Gitarrist genießt den erhöhten Pop-Anteil und lässt, bevor die Melancholie Überhand nimmt, seine legendären Gitarren-Soli vom Haken, die sich durch die lieblichen und simplen Arrangements schneiden und eine Schippe Fuzz-Rock addieren.

Dennoch bremst sich das Tempo von “What Do We Do Now” immer weiter ein, je tiefer es ins Album geht. Mascis wird nachdenklicher, gefühlvoller, zeitweise sogar etwas traurig – da kann auch seine Gitarre nicht dran rütteln.

“You Don’t Understand Me” ist für Mascis-Verhältnisse schon fast eine Ballade, ein ruhiger Pop-Rocker, den zuerst ein Klavier und Akustikgitarren-Akkorde tragen, bevor sich beißende Slide-Gitarren dazugesellen. Entpuppt sich J Mascis nun als tragischer Country-Held?

Auch “I Can’t Find You” mit seinem Folk-Schlag könnte als Indiz dafür herhalten, wenn der Sänger nicht mit seiner gesamten Präsenz in jeder Sekunde den Slacker-Rocker geben würde. Wie country-esk oder folkig oder poppig ein Song auch sein mag:

Sobald Mascis singt oder mit der Gitarre soliert, ist man wieder in seiner Welt. Und in dieser lebt es sich ganz wunderbar friedlich und gutmütig. Das war zwar vorher schon klar, aber “What Do We Do Now” ist ein weiteres Kapitel, das als verlässliche Erinnerung daran fungiert.

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