Nala Tessloff aus Hamburg hat diese Woche ihre erste Single „Daydream“ veröffentlicht. Sie stammt von ihrem gleichnamigen Solo-Debütalbum, das am 1. März 2024 via XJAZZ! Music erscheint.

Wie klingt ein Schlaflied für einen Lebenstraum? Wie fühlt es sich an, parallel zum Lauf der Welt zu hetzen und in seiner Isolation trotzdem den Anschluss zu verlieren? Wie wäre es, den eigenen Erwartungen nicht länger gerecht zu werden und sie einfach wegzuwerfen?

Diese Fragen stellt sich Nala Tessloff in ihren Songs und findet in ihrer Zerrissenheit nur eine Antwort: auch im Aufgeben, dem Scheitern liegen Schönheit und Wahrheit.

Dies zeigt sich nicht zuletzt in ihrer Stimme, die auf ihren Produktionen genug Raum erhält, um sich zu entfalten. In ihrer ganzen kämpferischen Zerbrechlichkeit, in dem kurzen Aufbäumen und dem Fall ins Leere. Dem Wechselspiel aus der Kraft des Souls, den Alltags-Grübeleien des Blues und jazziger Zärtlichkeit, die Hoffnungsschimmer aufflackern lässt.

Nala Tessloff hält dabei nichts zurück, sondern lässt los. Sie verliert sich in Gedanken, Momentaufnahmen und der Poesie einer Trauer um das eigene Selbst, das ihr verloren gegangen ist an eine Welt, die schier endlosen Schmerz als Dank fürs Durchhalten bereithält.

Die Akzeptanz der eigenen Schwäche, der Kapitulation gegenüber der omnipräsenten Gewalt hat aber auch ihre emanzipatorischen Momente. So, als ob Nala den dunklen Mächten ein freches „Na und? Was jetzt?“ entgegen schmettert.

Denn die Akzeptanz des Haderns, die Absage an die perfekten Ponyhöfe, die Bullerbüs und Filterblasen, setzt etwas frei. Neben Ängsten, vor allem den brutal nüchternen Blick auf die eigene Gefühlswelt und die Zuversicht, dass es halt auch ok ist, scheiße drauf zu sein.

Nala Tessloff beschreibt ihre Kompositionen salopp als „Weltuntergangs Soundtrack“ und trifft damit in eine Kerbe, die in Anbetracht der vorherrschenden Zustände aktueller nicht sein könnte.

Wenn die schweren Gefühle wieder einmal überhand nehmen, setzt sie sich an die Tasten ihres Bechstein Flügels – auf dem schon Leonard Bernstein gespielt haben soll – und kanalisiert den Gedankenfluss in einer Poesie, die in ihren Grautönen leuchtet.

Komplettiert wird das Klangspektrum durch akribisch verlesene Sounds wie die eines „Rolling Bomber“ Drumsets aus den 1940er Jahren, das seinen charakteristischen Klang durch die Tatsache erhält, dass das Metall damals vorrangig für die Kriegsproduktion benutzt wurde. Die alternativ verwendeten Holzbauteile erzeugen eine warme Tiefe, die in ihrer Form einzigartig ist.

Die Auseinandersetzung mit Gewalt und ihren Auswirkungen reicht bei Nala Tessloff folglich sogar bis zur Materialität der verwendeten Instrumente. Ein konzeptueller Ansatz, der mit ihrer Tätigkeit als Performance-Künstlerin einher geht und sich auch in der Produktion des ersten Musikvideos zeigt, das in einer ihrer Installationen spielt.

In ihrer Gesamtheit sind Nalas Produktionen wie eine von allen Zwängen befreite Schutzkammer, in die sich die Hörer*innen zurückziehen können, um der Brutalität der Welt für einen Moment zu entkommen.

Sie geben Raum, in der eigenen Schwäche eine (wahrhafte) Stärke zu entdecken. Es sind fein kuratierte Klänge, in denen man sich beschützt fühlen darf und sich selbst loslassen kann. Oder wie Nala es selbst beschreibt:

„Die Songs wollen nichts, sie sind eher etwas, was ich einfach mal loswerden musste. Ich hoffe natürlich, dass sie dem einem oder anderem etwas geben, Trost spenden, vielleicht nur durch das Wissen, mit einem Gefühl nicht allein zu sein.“

In diesem Sinne sind wir dank Nala alle gemeinsam ein bisschen weniger allein und das klingt in diesem Fall auch noch zum Heulen schön.

https://www.nalatessloff.com/

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