„Blind On A Galloping Horse“ ist eigentlich ein ziemlich seltsamer Albumtitel. Und trotzdem bringt David Holmes damit absurd gut auf den Punkt, wie es sich an schlechteren Tagen anfühlt, jeden Morgen aufs Neue in dieser kaputten Welt aufzuwachen und durch die nie enden wollende Anzahl an Schreckensnachrichten zu scrollen, während die Menschheit wahrscheinlich als die einzige Spezies in die Geschichte eingehen wird, die sich sehenden Auges selbst abgeschafft hat.

Ganz so dramatisch mutet der Sound auf dem Album des irischen DJs, der sich im Laufe seiner Karriere darüber hinaus einen Namen als Filmkomponist gemacht hat und beispielsweise für den Soundtrack von „Ocean’s Eleven“ verantwortlich ist, nicht an. Bislang hielt sich Holmes mit seiner Musik eher aus politischen Themen heraus. Das sieht auf „Blind On A Galloping Horse“ anders aus.

Das machen Titel wie „When People Are Occupied Resistance Is Justfied” unmissverständlich klar. Dass besagter Opener dann direkt gute zehn Minuten dauert, während der er sich mehrfach organisch auf- und wieder abbaut, Gesang sich mit Flüstern und ein krachiger Sound mit verzerrten Orgelklängen abwechselt, gibt einen guten Einblick in die musikalische Bandbreite, mit der diese Platte punktet.

Den Lyrics haucht Violet Raven Leben ein, die die Tochter von Jade Vincent und Keefus Ciancia ist, mit denen David Holmes die Band Unloved gründete.

„Necessary Genius“ ist eine Ode an alle Ausnahmekünstler*innen unserer Zeit und nicht zuletzt auch ein Tribut an Sinéad O’Connor, deren Name in den letzten Sekunden des Songs erklingt. Holmes arbeitete seit 2018 sporadisch mit der irischen Sängerin zusammen, die vergangenen Juli in London verstarb. Ob oder wann die gemeinsame Musik erscheint, ist noch unklar.

„Hope Is The Last Thing To Die“ hingegen funktioniert als selbsterfüllende Prophezeiung: Die Beats sind tanzbar, die Grundstimmung positiv, und wenn Violet ohne einen einzigen Zweifel in der Stimme auffordert „Let’s make some changes tonight“, hält man das in diesem Moment für umsetzbar.

„Blind On A Galloping Horse“ ist eine facettenreiche Platte, bei der es viel zu entdecken gibt und ein absolutes Positivbeispiel dafür, dass man die Düsternis der Welt auch thematisieren kann, ohne die Verzweiflung siegen zu lassen.

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