Laue Sommerabende sind schon was Feines. Bis in die späte Nacht draußen sitzen, bei Bier und Lagerfeuer. Irgendwer kramt die Akustikklampfe raus und beginnt „Wonderwall“ zu spielen. Und schon ist der schöne Abend vorbei. Hätte man mal lieber The Paper Kites aus Melbourne eine Chance gegeben.
Die Australier wissen, wie man sommertrunkene Abendstimmungen nicht unnötig stört. Ihr Countryfolk schwoft zu selig im Säuseln von Sam Bentleys Stimme. Das instrumentale Reigen von Fingerpickgitarre, Banjo und Co. ist derart harmonisch aufeinander abgestimmt, dass es zartbesaiteten Seelen schon mal ein Tränchen ins Auge drückt. Titel wie „Hurts So Good“ sind da schon selbstbezeichnend.
Frontmann Sam Bentley weiß selbst gleich mehrere Lieder davon zu singen, was gut oder auch nicht so gut schmerzt. Mit heller, dennoch eindringlicher Stimme ist er die wärmende Steppdecke des Folksounds seiner Mitstreiter.
Die größten Momente erlebt die Musik der Australier, wenn Christina Lacy im Hintergrund dem Leadsänger den roten Teppich ausrollt. Wenn die Leadgitarre bluesig einen Gesangspart unterstützt („Good Nights Gone“) oder man Keyboardorgeleien und Fuzzgitarren ihren Freilauf lässt.
Das Schaffen der Band klingt nach Fleetwood Mac, wenn diese aus Down Under stammen würden. The Paper Kites wissen geschickt mit der Bandbreite der Folkmusik zu spielen:
Bei „Midnight Moon“ erstrahlt eben jener im banjolastigen Countryschwof, berauscht sich bei „Till The Flame Turns Blue“ und „Burn The Night Away“ an souligen Bluesgitarren, wie sie normalerweise nur ein John Mayer zu bedienen weiß, bevor man beim akustischen Klampfen von „Rolling On Easy“ landet. Ein Refrain, der wie der Gesang von Vögeln am Morgen im Ohr hängenbleibt vervollständigt das Album.
Kurzfristig vorbei mit all der Harmonie ist es, wenn „June´s Stolen Car“ mit energisch rollenden Drums, schnarrenden Gitarren und einem glänzend aufgelegten Bentley einen ganz eigenen Interstate Love Song schreibt.
Ein wenig von der Dynamik lässt man noch in „Maria, It´s Time“ überschwappen, einem verträumten, zupfenden Lagerfeuersong, der zu zwischenmenschlichen Aktivitäten animiert, was wiederum „The Sweet Sound Of You“ seine Daseinsberechtigung verleiht. Das Piano kriecht melancholisch unter die Bettlaken und lässt Sänger Bentley eben dieser Zwischenmenschlichkeit in Gedanken nachhängen.
Mit „I Don´t Want To Go That Way“ fräsen sich mit hallenden Saitenschlägen dunklere Gedanken in den Gesang, getragen von elegischem Tempo und dem Bewusstsein, dass bei „Pocket Full Of Rain“ die Frohmut mit Christina Lacys Begleitung wiederkehrt.
Ein letztes Mal die Türen zum Blues sperrt „Mercy“ auf. Herzschlagpuls und wuchtige Saiten liegen wie Blei auf Sam Bentleys Liebesbekundungen und zerren doch hinein in den unwiderstehlichen Schwermutsgroove.
Die gerade noch so schwerfällige Gitarre errettet uns bei „Darkness At My Door“ mit stromgestütztem Spiel aus der Lethargie. Der Titel lässt dem Folkrock den Vorzug und beschließt das Album mit einem kraftvollen mehrstimmigen Refrain.
„At The Roadhouse“ weiß mit der vollen Bandbreite aus Folk- und Countrymusik zu überzeugen. Die wenigen Bluesrockeinflüsse verleihen dem Album mehr Tiefe als es – dank der eh sehr emotionalen Stimme von Bentley – überhaupt nötig hätte.
The Paper Kites ist mit „At The Roadhouse“ ein stimmungsvolles, harmonisches Album gelungen, das an Emotionalität nicht spart.