Musik ist für Protestbewegungen von enormer Bedeutung. Mit „The King“ liefert Anjimile einen Soundtrack, der auch ganz alleine die höchsten Zäune einreißen könnte.

Erst 2019 nahm Anjimile sein Debütalbum „Giver Taker“ auf, das bereits seine Erfahrungen als schwarze Transperson in den USA umriss. Im Nachfolgewerk wird es jetzt passend zum Titel „The King“ in Sound und Inhalt noch imposanter, aber auch düsterer und ernster.

Schon der Opener und Titelrack reißt mit einer achtstimmigen Inkantation des Texts „The Plague Of Our Year / The Black Death Is Here / Your Silence A Stain / The Marking of Cain“ einen großen Abgrund auf. Inmitten von ihm liegt die Verbindung der prägenden Erfahrungen der Covid-Pandemie und den immer stärkeren Wellen von Polizeibrutalität gegen Schwarze.

Mit diesem großen Anfangswort nimmt ein Album die Fahrt auf, das in all seinen Schattierungen stets von einer beachtlichen Kraft getragen wird. Und das sowohl in so starken und melodiösen Stücken wie „Anybody“ und „Mother“, in denen Anjimiles übernatürliche Kopfstimme im Fokus steht, als auch in so widerspenstigen, plötzlich quengelnden Sounds wie bei „Genesis“.

Musikalisch findet „The King“ zwischen Folk-Gitarren, Chamber-Pop-Intimität und experimentellen Sound-Fetzen statt, klingt aber doch vor allem nach einem bodenlosen Meisterwerk. Dieser Sound ist so beeindruckend wie bemerkenswert und der perfekte Nährboden für einen Widerstand.

Von waberndem und unheilvollem Äther („Harley“) bis zur offensiven Wut über ein System der Ungerechtigkeiten („Animal“) stecken in „The King“ viele einzelne Perspektiven und Elemente einer großen Geschichte, zu der Anjimile einen Teil beisteuert.

Dass auf dieser Platte sowohl kantige Rhythmen und dunkle Synthie-Wolken wie in „Black Hole“ Platz finden als auch offenherzige Zerbrechlichkeit, verstärkt die Aussagekraft und Emotionalität dieser Platte nur noch mehr.

Anjimile spricht selbst darüber, dass es etwas „Heiliges“ habe, sich trotz seiner schwarzen Wut, seinem Leiden und seiner Depression nicht alleine zu fühlen, sondern diese im Rahmen der Tradition schwarzer Künstler kanalisieren zu können.

„The King“ haftet dieses Heilige, Überirdische definitiv an. Ein bemerkenswertes Album von einem bemerkenswerten Künstler.

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