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Joseph – The Sun

Die drei Schwestern von Joseph haben sich fast vier Jahre Zeit gelassen für ihren fünften Tonträger mit Albumlänge. Vier ereignisreiche Jahre, die für Folk-Pop-Acts einiges an Herausforderungen bereithielten. Erst ließ eine globale Pandemie das für den Gitarrenpop so wichtige Live-Publikum verschwinden, dann ließ sich prominente Konkurrenz im Genre nieder. Taylor Swifts Rückkehr in den Folk-Pop illustrierte, wie nahtlos der Übergang zwischen zeitgemäßem Power-Pop und zeitgeistigem Folk-Gestus sein kann.

Was Joseph aus dieser Zeit mitnahmen? Das neue Album „The Sun“ offenbart jedenfalls eine Sensibilität für große Pop-Gesten, die frühere Alben des Trios noch vermissen ließen. Anstelle uniformer und voraussehbarer Strukturen, die wir bei „Good Luck, Kid“ noch bemängelten, finden sich auf „The Sun“ teilweise schlaue Pop-Produktionen mit emotionalem Aufbau.

„Waves Crash“ wandelt sich innerhalb weniger Minuten vom intimen Singer/Songwriter-Stück zur intensiven Folk-Hymne, „Nervous System“ wäre in seiner jugendlichen Aufmüpfigkeit auch auf einem Soundtrack zum nächsten Coming-of-Age-Drama bei Netflix nicht fehl am Platz.

Joseph haben einiges an Staub abgeschüttelt, klingen zwar immer noch äußerst gefällig und wagen keine drastischen Ausbrüche, wissen mit einigen Tracks aber wirklich positiv zu überraschen. Auf der anderen Seite hat „The Sun“ aber auch wieder einige schlagerartige Blaupausen zu bieten, die – einmal durch den Übersetzer genudelt – auch einem Max Giesinger gut zu Gesicht stehen würden.

Bei „Kicking Up The Light“ zum Beispiel geht jegliche Progressivität im Aufbau verloren, verliert jeglicher jugendlicher Charme seine Authentizität. Stattdessen feiert die unbegründete Dauereuphorie ihr Comeback und ackert sich über mehr als drei Minuten durch einen etwas uninspirierten Neuentwurf vergangener Hitsingles.

Die Spannweite ist vielleicht am besten so zu beschreiben: Irgendjemand – und diese fiktive Person hinterfragen wir jetzt einfach mal nicht – hat eine Playlist erstellt, in der nur das Album „After Laughter“ (2017) von Paramore und neue Songs von P!nk zu finden sind.

Ihr habt Lust auf Pop, Spaß und mitreißende Songs und müsst diese Playlist im Shuffle-Mode hören. Es geht los mit „Hard Times“ von Paramore und ihr denkt euch, dass es so gern weitergehen kann. Und dann läuft plötzlich „Never Gonna Not Dance Again“ von P!nk und – nun ja – probiert es selbst aus.

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