Emma Tricca hatte 2018 gerade ihr drittes Album „St. Peter“ herausgebracht, da starb der Vater der italienischen Wahl-Londonerin. Ihre Welt wurde erschüttert, nichts ergab mehr wirklich einen Sinn.

Wie geht man mit so einem Einschnitt ins Leben um? Dass bis heute, nach tausenden Jahren menschlicher Geschichte, niemand das Universalrezept zur Bewältigung solch einer Situation hat, ist sonnenklar.

Bleibt nur die Akzeptanz des Unumgänglichen, des Vergänglichen und der schwarzen Realität, wie hart es auch sein mag – man muss lernen, wie man mit dem Schmerz leben kann und wie er weder lähmt, noch die eigene Person übermannt.

Auf dem neuen Album „Aspirin Sun“ ist genau dieser Punkt der Hauptfokus der Sängerin. Ihr geht es nicht um tiefschwarze Trauer und möglicherweise sogar gnadenloses Versinken in depressive Phasen nach dem emotionalen Zusammenbruch.

Eher geht es Tricca um die Frage, wie sie ihren Vater in ihrem Herzen behalten kann, so dass er immer ein Teil von ihr bleibt: die Akzeptanz, die Erinnerung eines geliebten Menschen hochzuhalten und ihn weiterleben zu lassen.

Daher ist „Aspirin Sun“ auch wider Erwarten keine traurige Platte, sondern eine, die von positiv angedeuteten Gefühlen zu nachdenklichen Momenten hüpft und dann konzentriert wirkt.

Das Gemisch aus rhythmischem Folk aus der Indie-Ecke und leichten Dream-Pop-Merkmalen ist dabei ein hervorragender Nährboden für die kleinen, existentialistischen Geschichten, die die Musikerin erzählt.

Mal ist es ein eng gewobenes und intensives Synthgaze-Soundgewebe wie im Slowdance-Schmachter „Leaves“, mal eine dringlich gezupfte Akustikgitarre im erst todernsten, dann schwebend leichten „Rubens‘ House“.

Mal sind es auch die aussagekräftigen Percussions im leicht psychedelischen „Through The Poet’s Eyes“, die einen Song auf „Aspirin Sun“ antreiben.

Was es auch bei einem der acht Songs ist: Tricca baut dichte Atmosphären auf, denen man – im Guten wie im Schlechten – kaum entgeht.

Die delikaten Instrumentierungen haben trotz ihrer kompakten Dimensionen eine unglaubliche Anziehungskraft und gehen mit Leichtigkeit unter die Haut. Erinnert wird man an This Is The Kit oder aktuelles Material von Fiona Apple.

„Aspirin Sun“ arrangiert sich jetzt schon mit der Rolle des Geheimtipps, der nur zufällig gefunden, dann aber auf ewig wertgeschätzt wird. Bei der Güteklasse an Songwriting ist es aber jedem Fan von warmherzigen Indie-Folk-Pop zu wünschen, so früh wie möglich auf diese Perle zu stoßen.

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