Die leisen Anschläge des Pianos eingangs von „The Garden“ ihres neuen Albums, lassen nicht unbedingt auf Unknown Mortal Orchestra als Urheber schließen. Dessen Mastermind Ruban Nielson ist hinlänglich für Eigenwilligkeit bekannt, und nach einer Minute stimmt der Opener mit flott-psychedelischer Entspanntheit auf „V“ ein, eine Doppel-LP, mit der sich das UMO-Soundportfolio einmal mehr erweitert.

„IC-01 Hanoi“ – Experimentierfreude und die verspielten Entrücktheit der „SB“-Single-Kollektion sind in der fünften Runde nicht gefragt, hat der Bandleader Stationen seiner musikalischen Sozialisation, vom mit dem kalifornischen Lebensgefühl der Achtziger verbundenen Yacht-Sound bis hin zur hawaiianischen Hapa-Haole-Tradition, in kohärente 14 Kapitel eingebunden.

Nachdem auf den Vorgänger-Platten von Ruban Nielsons Liebes-Modellen zu erfahren war, ist dato der Ideen-Pool mit Erinnerungen gefüllt, die mit seinen frühen Lebensjahren an verschiedenen Orten Ozeaniens verbunden sind. Es finden sich aber auch Aspekte aktueller persönlicher und familiärer (Gesundheits-)Krisen in den Stücken wieder.

Der, maßgeblich mit Bruder Kody und Jacob Potrait eingespielte, „V“-Grundtenor hört sich an wie ein entspanntes sommerliches Musikbukett, in dem wiederholt einschießende Kakophonien die Dramatik spiegeln, die hinter der scheinbar sorglosen Atmosphäre dieser Aufnahmen nicht unwesentlich Kontrollverlust, psychische Probleme, Versagensängste und „Guilty Pleasures“ bedeuten.

Bei aller inhaltlichen Schwere reizt „Meshuggah“ mit Pop-Appeal, umgarnt „That Life“ mit einer eingängigen Hook, finden sich Spuren vom kompositorischem Zeitgeist der AOR-Ära in „Shin Ramyun“, spielt „Weekend Run“ die Groove-Karte und grüßt „The Beach“ mit dem Hang-Loose-Feeling von der Meereskante.

Im musikalischen Kontrastprogramm sind sentimentale Erinnerungen an „Nadja“ und die malerisch-instrumentale Umschreibung der „Keaukaha“ Park-Architektur in Hiho/Hawaii zu hören, führt das Saxophon, gespielt – wie auch Trompete und Posaune – von Vater Chris Nielson, von „The Widow“ in eine Welt voller Vogelgezwitscher und Kinderlachen, die nicht zum Titel passen will.

Nach der aus Täter-Sicht erzählten, akustischen Moritat „I Killed Captain Cook“ und dem lässigen Abgang via „Drag“ hat das Unknown Mortal Orchester mit „V“ einen weiteren Glanzpunkt ihres konventionslosen Verständnisses für zeitgenössische Musik hinterlassen.

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