Die Pause war wichtig für uns alle – Sportfreunde Stiller im Interview

Die Sportfreunde Stiller sind zurück. Sechs Jahre nach ihrem letzten Studioalbum melden sich die vermeintlich ewig gut gelaunten Peter Brugger, Florian Weber und Rüdiger Linhof mit ihrem achten Longplayer „Jeder Nur Ein X“ zurück. Im Zuge der Promo für ihr Comeback-Schaffen trafen wir uns mit Sänger Peter Brugger und Schlagzeuger Florian Weber zum Interview und plauderten über die überlebenswichtige Pause, die Magie des Wiedersehens und die Suche nach Energie.

MusikBlog: Peter und Florian, bevor wir über das neue Album reden, würde ich gerne kurz zurückblicken. Irgendwann im Sommer 2017 habt ihr euch für einen zeitlich nicht festgelegten Band-Cut entschieden. Was genau war damals der Auslöser für diesen Schritt?

Peter Brugger: Hauptverantwortlich für diesen Schritt und die dann daraus resultierende Bandpause war meine damalige Gefühlslage. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt schon länger das Gefühl, dass wir als Band nicht mehr so richtig im Flow waren. Die Kommunikation untereinander war nicht gut, alles dümpelte irgendwie vor sich hin und ich brauchte dringend Abstand von dem großen Ganzen. Das habe ich nach unserem letzten Festivalkonzert damals auch so kundgetan. Das stieß erstmal auf wenig Verständnis. Aber so fühlte ich mich halt. Die Stimmung war ziemlich am Boden, wie man sich vorstellen kann. Aber der Schritt war notwendig. Die drei Jahre Pause waren wichtig für uns alle.

Florian Weber: Ich habe das anfangs überhaupt nicht verstanden. Ich bin ein Typ, der immer aktiv ist, einer der sich gern in neue Ideen und Visionen stürzt. Peter tickt da eigentlich ähnlich. Das war für mich damals erstmal ein richtiger Schock. Wir sind dann auch nicht gerade versöhnlich auseinander gegangen. Rückblickend muss ich aber sagen, dass es wohl die richtige Entscheidung war. Wir sind jetzt gerade, und auch schon die vergangene zwei Jahre, wieder sehr innig miteinander und kommunikativ weiter als je zuvor.

MusikBlog: Die 20 Jahre vor der Pause habt ihr quasi aus dem Koffer, von und mit der Musik gelebt. Welche neuen Mittelpunkte gab es nach der Trennung?

Florian Weber: Ich habe mich gleich in andere Projekte gestürzt. Wie ich schon sagte, ich bin ein Typ, der Arbeit braucht. Ich kann nicht nur rumsitzen und nichts tun. Das bin nicht ich. Ich habe zusammen mit Aren Emirze von der Band Harmful das Noise-Rock-Duo Taskete gegründet. Dann habe ich noch mit meinem Bruder zusammen das Hip Hop-Projekt MS Flinte ins Leben gerufen. Nebenbei habe ich noch ein Buch geschrieben. Also bei mir war eigentlich immer was los. Und dann habe ich natürlich auch immer gehofft, dass es irgendwann mit meiner Homeband weitergehen wird.

Peter Brugger: Ich bin einen ganz anderen Weg gegangen. Ich war wirklich drei komplette Jahre raus aus allem, was zuvor mein Leben bestimmt hat. Die Band und die Musik waren plötzlich komplett im Hintergrund. Für mich zählte erstmal nur die Familie. Ich habe mich zurückgezogen und war einfach nur Daddy und Hausmann. Das war auch ganz schön herausfordernd, aber auch super spannend.

MusikBlog: Nach drei langen Jahren habt ihr dann wieder zueinander gefunden. War die Magie sofort wieder da? Oder gab es Berührungsängste?

Florian Weber: Wir haben uns in den drei Jahren zuvor ganze dreimal getroffen. Das waren Treffen, die von unserem Manager arrangiert wurden, in der Hoffnung, dass wir uns wieder annähern. Das hat aber irgendwie gar nicht funktioniert. Die Treffen waren ziemlich beklemmend. Ich habe dann nach dem dritten Mal ziemlich genervt andeuten lassen, wie schlecht es mir mit der Situation ging. Daraufhin hat Peter dann entgegnet: „Na, dann lass uns doch mal wieder in den Proberaum fahren und schauen was passiert.“ Das haben wir dann auch zeitnah hinbekommen. Ich glaube, es hat keine sieben Takte gebraucht, da war jedem wieder bewusst, was wir alle vermisst haben. Das war ein toller Moment.

MusikBlog: Ihr habt jetzt im April in Landshut euer erstes Konzert gegeben. Welche Erinnerungen habt ihr an diesen Abend?

Peter Brugger: Wir haben uns da einen kleinen Club gemietet und dort erstmal zwei Abende vorher richtig geprobt. Das war auch echt nötig, denn die erste Live-Probe war schon ziemlich ernüchternd. (lacht) Wir mussten erstmal wieder erkennen, wie man als Band gemeinsam auf der Bühne funktioniert. Irgendwann hat es dann aber klick gemacht. Das Konzert selber war dann ein richtiger Flash. Ich hatte während der Show unheimlich viele Erinnerungen in meinem Kopf. Dann waren da auch noch die ganzen Leute, die es auch nicht so richtig fassen konnten. Das war ein sehr emotionaler Abend.

MusikBlog: Jetzt habt ihr auch ein neues Album am Start. Wie fühlt sich „Jeder Nur Ein X“ für euch an?

Florian Weber: Es ist schon ein bisschen anders als die Sachen, die wir früher gemacht haben. Es ist jetzt aber auch nicht so, dass wir uns als Band neu erfunden haben. Das war auch gar nicht unser Anliegen. Ich bin sehr gespannt und neugierig, wie die Reaktionen der Leute ausfallen werden.

Peter Brugger: Was uns wichtig war, war eine gute Atmosphäre während der Aufnahmesessions. Die war wesentlich wichtiger als technische Details. Das haben wir mit unserem Produzenten Tobi Kuhn auch wunderbar hinbekommen.

MusikBlog: War euch soundtechnisch irgendeine Marschroute besonders wichtig?

Peter Brugger: Nein, da hatten wir gar keine konkreten Vorstellungen. Am Ende sind die Dinge so entstanden, wie sie eben entstanden sind. Das hat sich alles so ergeben irgendwie.

MusikBlog: Ihr habt inhaltlich ein paar schwere Themen mit an Bord?

Peter Brugger: Das stimmt, aber auch das war nicht wirklich geplant. Das ist dann auch schon ein kleines Spiegelbild dessen, was uns als Band und auch jeden einzelnen von uns persönlich im Alltag so begleitet und beschäftigt. Klar, es fällt schon auf, dass Ängste eine große Rolle in den Texten spielen. Aber schau dir die Zeit doch an. Gerade die Jugend hat so eine immense Bürde zu tragen. Das Leben in Krisenzeiten ist nun mal geprägt von Ängsten und Unsicherheiten.

MusikBlog: Wie geht ihr mit dieser Zeit gerade um? Haben sich euer Alltag, euer Denken und eure Gefühle in den letzten Monaten und Jahren verändert?

Peter Brugger: Irgendwie schon. Also ich merke das auch nicht nur bei mir, sondern auch bei Freunden und Bekannten, denen es zunehmend schwerer fällt, zwischendurch auch mal durchzuschnaufen. Man ist irgendwie permanent auf der Suche nach einer Energiequelle, die Kraft und Hoffnung spendet. Wir haben da zum Glück unsere Band und all die tollen Momente mit den Fans, die uns immer wieder aufbauen und pushen. Anderen Leuten fehlt eine solche Quelle aber.

MusikBlog: Apropos Band: Ihr musiziert jetzt seit beinahe einem Vierteljahrhundert zusammen. Jetzt haben wir euch beide hier gerade am Start. Vielleicht es mal an der Zeit, der Öffentlichkeit zu verraten, was den jeweils anderen denn zu einem ganz besonderen Menschen macht. Wer fängt an?

Peter Brugger: (lacht) Ok, der Florian ist einfach eine Maschine. Ich bewundere seinen kreativen Geist und seinen einzigartigen Humor, bei dem es manchmal etwas Zeit zum Reifen braucht. Florian hat unheimlich viel Energie und Power. Ein ganz großartiger Typ.

Florian Weber: Ich schieb dir nachher meine Kontonummer rüber. (lacht) Nein, im Ernst: Peter hat eine einzigartige Stimmfarbe, die es im deutschsprachigen Bereich so kein zweites Mal gibt. Für mich ist er der Roger Daltrey der deutschen Rockszene. Er spielt lässig Gitarre und hat die coolste Frisur von allen deutschen Rockstars, ganz klar. Auch ein ganz großartiger Typ.

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

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