Auf das durchaus umstrittene Album „Invisible Storm“ folgt nun vier Jahre später der neunte Longplayer „Wide-Eyed Nowhere“ der Turin Brakes. 2018 noch mussten ihre stimmungsvollen Akustikballaden den kommerzielleren Sounds weichen, und so torkelte die britische Band um Olly Knights und Gale Paridjanian zwischen altbackenem Stadionrock und einfallslosem Sommerpop umher, ohne sich aber konsequent auf eine Richtung einigen zu können.

Zum 20-jährigen Jubiläum wurde der Erstling „The Optimist“, für welchen sie damals verdienten Zuspruch und Anerkennung ernteten, wieder ausgegraben, mit Demoversionen bestückt und nochmal neu veröffentlicht. Und genau dieser Retrospektive ist es augenscheinlich zu verdanken, dass Turin Brakes die Kurve gekriegt und sich auf ihre Wurzeln zurückbesonnen haben.

Mit Songs, die vor der Pandemie geschrieben und im Sommer 2021 aufgenommen wurden, kommt „Wide-Eyed Nowhere“ mit seinen sanften Rhythmen und wärmenden Gitarrenklängen wieder deutlich subtiler um die Ecke und vereint dabei thematisch friedvolle Bodenständigkeit mit schwermütigem Wahnsinn.

„World Like That“ legt dabei durch die Zeile „What ya gonna do when you turn your tap and nothing comes out“ mit einer erbarmungslosen Aktualität ungewollt einen Finger in die Wunde. Olly spricht in einem Interview davon, dieses Mal nichts forciert haben.

Vielmehr waren Turin Brakes darum bemüht, den Songs den notwendigen Raum zur Entfaltung schenken zu können. Als „sweeter, groovier set of songs in no hurry to be anything but themselves“ legen sie den Brechstangen-Pop des Vorgängers ab.

„Staring at the page waiting in on the chance for too long now“, denn „everyday’s just like the same“ – das lyrische Ich ist in „This Love“ dieser kreisenden Eintönigkeit schon müde. Alles andere als eintönig sind dabei der verdichtende Aufbau und die hinzukommende dezent schimmernde Synth-Klanglandschaft.

Für etwas mehr Dynamik und Tempo abseits der überwiegend bedeckten Stimmung sorgt dabei das lebendige „Isolation“. Mit den Drum Beats als solides Fundament wird der Song schrittweise mit echoenden Gitarren in der Ferne und eingängigen Melodien angereichert und unterfüttert damit als einer der Höhepunkte auch die gesamte Platte.

Ein, zwei grelle Lichtblicke mehr hätten aber dennoch nicht geschadet. Denn am Ende der Spielzeit zeigt man sich zwar angesichts der entschleunigenden Ruhe und harmlosen Gemächlichkeit erleichtert und dankbar, läuft aber Gefahr, sich in dahin plätschernder Beliebigkeit zu verlieren. Allzu schnell ist man versucht, „Wide-Eyed Nowhere“ als belangloses Geplänkel beiseite zu schieben.

„Wide-Eyed Nowhere“ braucht Zeit und bedarf endlich wieder eines feineren Gespürs für die vielschichtigen Nuancen, um seine Bittersüße wertschätzen zu können. Oder um den Opener „When You’re Around“ zu zitieren: „Listen to all that silence in between all that sound“

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