Auch auf seiner zweiten Solo-Platte macht Gabe Gurnsey im Prinzip das, was er mit seiner alten Kombo Factory Floor zuvor schon jahrelang gemacht hat – und das ist auch gut so.
Denn einerseits ist der Faktor der Gewohnheit Teil von „Diablo“: Man wird nicht völlig ins kalte Wasser geworfen und ist schnell per Du mit dem ausgeklügelten Mix aus düsterem Synth-Pop, New Wave und House.
Andererseits sind es die Nuancen, an denen der Musiker stetig arbeitet und die jedes seiner Werke so faszinierend und spannend machen. Waren es mit Factory Floor noch die Klangexperimente tief in der elektronischen Musik mit Minimal-Anteilen und reinsten Raver-Glücksmomenten, verschrieb sich sein erstes Soloalbum „Physical“ poppigeren Strukturen und Sounds.
Auf einmal waren die Tracks deutlich kürzer und oft im dreiminütigen Radioformat gehalten. Ein Schwall an 80er-Dance-Pop fand in die Tracks, so richtig raven ließ sich dazu nur noch bedingt.
Das lag ebenfalls an den neuen Songstrukturen, mit denen Gurnsey sich probierte. Komplexer waren die, nicht mehr unbedingt nur so formatiert, dass es dem DJ für sein Set möglichst einfach gemacht wird. Die straighten Beat-Drop-Beat-Strukturen wurden aufgebrochen.
Geht es damit auf „Diablo“ weiter? Nicht wirklich, denn die zweite Solo-Platte orientiert sich wieder stärker an dem Material vor Gurnseys Alleingängen. EDM des höchsten Reinheitsgrades steht erneut auf dem Speiseplan.
Dieses Mal sind es nur kompakte zehn Tracks, die allerdings – mit einer Ausnahme – alle die Fünf-Minuten-Marke knacken. Gurnsey gibt dem Material wieder mehr Zeit zum Wachsen und Atmen.
Das Resultat spricht für sich: So geradlinig tanzbar klang der Produzent seit einigen Jahren nicht mehr. Die Dominanz der Minimal- und House-Anteile gepaart mit dem geschulten Beat-Instinkt Gurnseys geben „Diablo“ eine subtile, aber durchschlagende Eigendynamik.
Subtilität und Urinstinkte sind auch die Themen der Tracks, die sich in den rabiat direkt gehaltenen Lyrics oft darum drehen, was der Hormoncocktail der rhythmischen Dauerbeschallung mit dem Körper anstellt. Lust, pure Emotionen und eine geballte Menge Sexyness sind das eindeutige Ergebnis.
„Diablo“ ist energetisch und eindringlich, allerdings nie kopflos und stumpf. Gurnsey formuliert seinen Markenzeichen-Sound weiter aus und beweist, dass Intensität, Direktheit und Feingefühl widerspruchslos Hand in Hand gehen können.