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Poliça – Madness

Vor genau zehn Jahren das Überraschungs-Debüt von Poliça aus Minneapolis. Noch nicht gehörter Sound und zu Recht großartige Resonanz. Jetzt reflektieren sie mit ihrem bereits siebten Album die „Madness“ der letzten hinter uns liegenden Jahre und deren Folgen.

„Alive“ steigt textlich gleich tief ein ins Emotionale. Viel leichtgewichtiger als der Inhalt beginnt der Sound. Leicht schwebende elektronische Sphären öffnen die Türe. Initial vorsichtig drängelnde Percussion legt sich dazu. Als Symbiose zwischen leichtgewichtig und intensiv pendelt sich die Stimmung ein.

Latent düster, ohne schwarz zu sein. Und der Gesang von Channy Leaneagh. Was wäre Poliça ohne sie und Autotune. Oder wäre Poliça überhaupt ohne Autotune?

Ganz im Kontrast zum Titel  kommt „Violence“ zärtlich daher. Leichte Depression zum Glück in der zweiten Hälfte durch ein paar Beats aufgelockert. „Away“ wird dunkler. Die beiden Schlagzeuger erzeugen eine unterschwellig bedrohlich leidende Stimmung, ohne überhaupt aufzufallen. Channys Stimme stellenweise schon fast unverfremdet natürlich.

Fragmentierte, zerbrechliche Geräuschkulisse beschreibt den Beginn des Titeltracks „Madness“ wohl am besten. Lang ziehende Töne verbinden sich mit wabernden Sounds. Ohne jede Rhythmusstruktur darunter.

Spätestens bei den einsetzende Streichern ist vollkommen klar – die gute Laune und Lebensfreude werden wir auf dieser Platte nicht mehr finden. In der Reduziertheit des Stücks liegt seine ergreifende Intensität. Das haben sie bisher noch nicht so geschafft. Die Kooperation mit Stargaze hat bleibende Spuren hinterlassen.

Um das Gefühl von eben zu revidieren, kommen die anfänglichen Töne von „Blood“ fast fröhlich daher. Um dann allen Ernstes in eine Art Tanzlaune zu überführen. Beeindruckend, mit welchem Minimalismus die Percussion doch dicht auftreten kann.

„Fountain“ bringt das Sphärische wieder in voller Schönheit zurück, mit Tanzen ist es vorbei. Es wird eher schwelend noisig. „Sweet Memz“ erinnert wieder etwas mehr an ältere Stücke.

Sehr schade, dass das beste Stück der Platte eben leider nicht auf der Platte ist. „Rotting“. Zuerst angekündigt als erster Aufschlag für „Madness“ blieb die Kooperation mit einem Berliner Techno Produzenten dann doch nur eine standalone Single. Und stellt in ihrer Brutalität und bedrohlichen Düsterheit doch problemlos die ganze Platte in den Schatten.

Alles in allem ist „Madness“ eine sehr schön zu hörende Scheibe, wenn man sich darauf einlässt. Denn ohne die Ecken und Kanten der ersten beiden Releases bedarf es mehr Konzentration, um sich darin zu verlieren. Leider haben Poliça mit ihrer entwickelten Perfektion auch viel vom berauschenden Sog abgegeben.

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