Ungewöhnlich lang war es still um Moderat. Während die beiden Einzelteile des Projekts, Apparat (Sascha Ring) und Modeselektor (Gernot Bonsert + Sebastian Szary) also fleißig neue Alben produzierten, lag das Trio seit 2017 auf viel Eis, man muss ja auch mal runterkühlen dürfen.

Mit „More D4TA“ bringt das Trio jetzt sein viertes Album raus, das erstmalig die römischen Ziffern aus dem Albumtitel verbannt – richtig cl3v3r. Was wir erwarten: Bisschen Sci-Fi, bisschen elektronische Musik. Das passt auf dem Papier doch ganz gut zusammen.

„More D4TA“ lebt von Kontrasten, die zum Beispiel zwischen „NEON RATS“ und „SOFT EDIT“ riesige Klippen entstehen lassen. Auf einen Track, der sich über knapp sieben Minuten mit schweren Beats und metallischen Drums irgendwo zwischen Cyberpunk und Hauptstadtclub aufbaut, folgt hier ein Vocoder, in dem der Rhythmus gänzlich androiden Emotionen weichen muss.

„MORE LOVE“ treibt diese Emotionalität auf die Spitze und kommentiert analog zum Albumtitel „MORE D4TA“ das ambige Verhältnis des modernen Menschen zur Technologie.

Auch Referenzen an die animalistische Natur des Menschen, die in früheren Alben immer Bestandteil des industriellen Sounds des Trios auftauchten, spielen auf „More D4TA“ immer noch eine Rolle, begegnen aber immer wieder ihrer eigenen Endlichkeit.

„DRUM GLOW“ beginnt gar mit einer Soundkulisse, die nach mitternächtlicher Einsamkeit im Wald klingt und sich langsam im menschengemachten Lärm des beginnenden Tages verliert.

Moderat arbeiten sich ab am Konflikt zwischen prä-apokalyptischer Postmoderne und der Omnipräsenz der Natur, an der Verschmelzung urmenschlicher Gefühle und neonfarbener Zukunftsmalereien.

Unverortbares und anonymes Flüstern wechselt sich ab mit kinematographischen Soundatmosphären, die Bilder von riesigen Metropolen und düsteren Abgründen zeichnen und teilweise noch etwas vom grit eines Blade Runner versprühen.

Dass Moderat dabei selbst die Pop-Affinität, die auf früheren Alben eine angenehme Balance aus Berliner Techno-Gestus und melodiöser, radiotauglicher Produktion bedingte, nicht verlieren, lässt aus „MORE D4TA“ ein gleichermaßen zugängliches wie immersives Erlebnis werden, das sich nicht mit angestaubtem Retrofuturismus oder prätentiösem Spulenfiepen zufrieden gibt.

Und wenn wir mal ganz ehrlich sind: „Neon Rats“ klingt sowieso nach den cooleren Cyberpunks.

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