Musiker, die sich von volkstümlicher Musik inspirieren lassen, müssen sich in Interviews wahrscheinlich ohnehin schon mit Klischees auseinandersetzen. Für Künstler aus den südlichen Staaten der USA oder Irland könnte das sogar im besonderen Maße gelten. Denn sowohl traditioneller irischer Folk als auch Americana sind längst im Pop angekommen und dienen häufig als Einfluss oder sind als Stilblüte deutlich hörbar.
Auch bei dem irischen Songwriter David Keenan dürften Bilder von gut gefüllten und rustikalen Pubs in den Köpfen der Zuhörer herumschwirren. Allerdings bringt seine Musik einen unerwarteten Twist mit: Keenan bedient sich mit Streichern und Mundharmonika nicht nur am irischen Folk.
Der Songwriter legt sein Zweitwerk nach, obwohl sein Debütalbum gerade mal im Januar 2020 erschienen ist. Und auf seinem zweiten Album „What Then?“ sind so auch lässige Americana-Einflüsse vertreten.
Das wird schon beim Opener deutlich. Der gleichzeitige Titelsong „What Then Cried Jo Soap“ wird angeführt von einer geradezu stampfenden Westerngitarre mit subtilen Mundharmonika-Sounds im Hintergrund.
Währenddessen verliert Keenan sich in perfekt ausgeführten Jaul-Tönen und dynamischen Songzeilen, die fast schon als Sprechgesang durchgehen. Letzterer wird noch öfter eine Rolle auf dem Album spielen, beispielsweise im eher minimalistisch gestalteten „Hopefuyl Dystopia“.
Wo die Soundwelt bei „What The Cried Jo Soap“ klar definiert ist, wird es beim darauffolgenden „Bark“ schon wesentlich vielschichtiger. Hektische Streicher, einzelne Trompeten-Sounds und Drums erweitern hier das Klangbild. Gleichzeitig ist der Song melodischer und weniger auf seinen Rhythmus konzentriert, aber insgesamt immer noch schwermütig.
Diese Stimmung ändert sich erst mit „Beggar To Beggar“. Die Geigen werden hier zur sanften Untermalung eingesetzt und nicht für eine dramatische Steigerung. Gleichzeitig dringt hier das Klischee um irischen Folk-Pop am deutlichsten durch: Der Song hat das deutlichste Hitpotenzial auf dem Album und zeigt ein weiteres Mal Keenans Facettenreichtum.
Dass der Songwriter wahllos generische Folk-Elemente aneinanderreiht, kann man ihm sicher nicht vorwerfen. Trotz knappem Abstand zu seinem Debüt.