Der Name ist vielleicht nicht das wichtigste Element an einem Song. Wenn er nicht da ist, kann es aber vor allem auf Albumlänge verwirrend werden. War nun Nummer 1, 8, oder 5 der Hit?
Das Projekt Hildegard aus Montreal (nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Jazz-Rock-Band aus New Orleans) verzichtet auf dem selbstbetiteltem Debütalbum auf Namen und benennt die Songs nach einem Nummerierungsschema. Inhaltlich unterscheiden sich Jour 1 bis 8 aber deutlich voneinander.
Und sich darin orientierungslos zu verlieren, ist nicht schwer. Smoothe Geigen- und Gitarren-Saiten, sanfte und dumpfe Beats und ebenso sanfte elektronische Spielereien erzeugen eine durchgehend dreamy Atmosphäre auf „Hildegard“.
Hinter Hildegard stecken die kanadische Songwriterin Helena Deland und die Elektro-Künstlerin Ouri. Solo gehen beide Künstlerinnen stilistisch in andere Richtungen, das Projekt scheint ihre Genres elegant zu vereinen.
Das Duo schafft eine durchgehend beruhigende Stimmung, die sich durch alle acht Songs zieht und höchstes durch aufwendig geschichtete Arrangements an Aufregung gewinnt. Dass ansonsten Langeweile aufkommt, ist damit aber nicht gesagt.
Schon „Jour 1“ geht energiegeladen los, führt den Zuhörer aber mit straffen Beats und unterkühlten Gesang auf die falsche Fährte. Als grimes-artig hochgepitchter Gesang einsetzt, scheint der laute Club-Sound perfekt. Tatsächlich entfernen sich Hildegard aber noch im gleichen Stück von diesem Sound, so dass im träumerischen „Jour 2“ gar nichts mehr davon übrig ist.
Die Songs von Hildegard sollten Deland und Ouri tatsächlich anhand der Tage, die sich zusammen im Studio verbrachten, benannt haben. In dieser kleinen Zeitspanne soll das komplette Album entstanden sein.
Ob die Songs deswegen auch so kurzweilig sind? An Kreativität mangelte es den beiden Künstlerinnen trotz Zeitdruck jedenfalls nicht. So durchläuft „Jour 3“ gleich mehrere Stimmungen und wechselt von smoothen Gesang, und sanfter Untermalung zu lauten und verzerrten Zwischenrufen.
In „Jour 6“ steht unerwartet ein Piano im Fokus und „Jour 7“ spielt mit Techno-Ideen und Delands Gesang, der Melodien wechselt. Wie schon erwähnt, lädt „Hildegard“ dazu ein, sich darin zu verlieren. Und das ist sicher nicht das schlechteste, was passieren kann.