„Mutter, versohl mich nicht!“ Was man im deutschsprachigen Raum höchstens als Erziehungsratgeber der Dreißiger oder als Albumtitel von Bilderbuch vermuten könnte, erschien The Drums als geeigneter Titel für eine Kompilation verschollener Tracks aus früheren Zeiten. „Mommy Don’t Spank Me“ heißt das aktuelle Album, auf dem sich der mittlerweile allein verbliebene Jonathan Pierce den eigenen Anfängen widmet.

Trotz oder vielleicht gerade weil die Songs auf „Mommy Don’t Spank Me“ teilweise eine ganze Dekade auf dem Buckel haben, fühlt sich die – eigentlich schon etwas abwegige – Mischung unterschiedlicher Genres noch symbiotischer an, als auf den aktuellen Platten des US-Amerikaners.

Mancunian Brit-Rock eines klagenden Mannes, dessen Gesang wie bei The Stone Roses und The Smiths fast wellenförmig pulsiert und die ungefilterte Melodramatik mit größtmöglichem Pathos transportiert, paart sich bei The Drums mit Surf-Rock.

Westküstliche Leichtigkeit, die zum Beispiel in „What We Had“ den Anfang macht, erweckt den Anschein, dass jegliche Pose oder übermäßige Gefühligkeit gegenüber der Sanguinität eines statischen Lebens im ewigen Sommer keine Chance haben dürfte.

Dazu gesellen sich auch auf „Mommy Don’t Spank Me“ industriell klingende Synths. Wie das alles zusammen passt? Zwischen all den Unterschieden, die den Sound der Drums ausmachen, gibt es ein Bindeglied, das mit allen Stilen und Stimmungen von „Mommy Don’t Spank Me“ harmoniert:

Die Texte erzählen auch auf dem aktuellen Album authentische Geschichten des Heranwachsens, der existenziellen Krisen moderner Lebensläufe, der inneren Zerrissenheit und von äußerlichem Leid.

The Drums veröffentlicht mit seinem aktuellen Rückblick auf die eigene Bandgeschichte ein Album voller Erkenntnisse über die eigenen Grenzen. Die scheinbare Ohnmacht und empfundene Unzulänglichkeit, die zu häufig mit Scham erfüllen und für Stille sorgen, sind für The Drums ein Katalysator dafür, als vielleicht einzige – aber mit Sicherheit eine der einzigen – Bands der Gegenwart die teilweise nicht mehr zeitgemäßen Wehklagen der oben genannten Künstler weiterzuentwickeln und auf den Boden der Realität zurückzuholen.

„Mommy Don’t Spank Me“ ist ein Coming-of-Age-Album, das sich so stilsicher an den kaum verortbaren Emotionen einer Identität in der Entstehung abarbeitet, dass all der Pathos, all die scheinbare Inkongruenz im Sound überhaupt nicht stören. Kein Erziehungsratgeber, aber jedenfalls ein Leitfaden für das Fühlen und Darüberreden.

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