Ein schwedisches Indie-Orchester, das von sich selbst behauptet, es könne eigentlich gar keine Instrumente spielen und ein schottischer Singer/Songwriter, der nebenbei Geschichten schreibt und veröffentlicht – wie passt das zusammen? James Yorkston & The Second Hand Orchestra machen’s mit „The Wide, Wide River“ vor.

Zuallererst ist das relativierende Selbstbild des Second Hand Orchestras, trotz des passenden Namens, unangebracht. Die schwedische Gruppe hat auch schon ohne designierten Geschichtenerzähler visuelle und narrative Musik veröffentlicht, die teilweise impulsiv und improvisiert, teilweise kalkuliert wirkte.

James Yorkston auf der anderen Seite lebt das Understatement in seiner eigenen Musik. Der starke Folk-Einschlag, der selbst Großstädter in unbekannte schottische Marschländer entführen dürfte, klingt auch im Zusammenspiel mit dem schwedischen Ensemble nicht ab.

Ganz im Gegenteil. Wenn die Addition der Schweden zu einer Sache geführt hat, dann dazu, dass sich das Erlebnis James Yorkstons stark herkunftsgeprägter Musik noch kommunaler und gemeinschaftlicher anfühlt.

Da gibt es Lieder wie „There Is No Upside“, die besagte Marschländer mit Leben füllen und einsame Heldenreisen zu einer gemeinsamen Expedition werden lassen und dabei kaum besser zum Cover passen könnten, das in altenglischer Tradition und beinahe im Stil des berüchtigten und identitätsstiftenden Book of Kells eine – ganz im Gegensatz zur Selbstwahrnehmung der Künstler – hochstapelnde Bande aus verbrüderten Barden darstellt.

In „Ella Mary Leather“ auf der anderen Seite wird es melancholisch. Ein unnachgiebiges Piano untermauert die Reuebekenntnisse Yorkstons, die in poetischer Schönheit reduziert werden auf einzelne Tage im Jahr, dafür vorgesehen, die unterdrückte Melancholie und damit verbundenen Erinnerungen auferstehen zu lassen, und bei Kerzenschein im Schattenspiel beim Tanzen zu beobachten.

„The Wide, Wide River“ ist kein Fluss, es ist ein Ozean aus Emotionalität, Abenteuerlust und nostalgischer Erlebnisverklärung, der sich trotz der vielen beteiligten Seemänner zum großen Teil wie die Reise eines einzelnen anfühlt.

Wie durch ein Kaleidoskop betrachtet wirkt die Musik auf „The Wide, Wide River“ gleichzeitig wie ein Projekt vieler und wie das Produkt eines einzelnen. Da haben sich zwei gefunden.

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