Dass die Niederlanden irgendwie wie ein besseres Deutschland daherkommen, fällt ja häufiger auf: Können alle besser Englisch, fahren alle mehr Fahrrad und Frikandeln sind ja wohl seit jeher der abartig geilste Snack, den Imbiss-Automaten zu bieten haben. Imbiss-Automaten!
Jetzt zieht mit Pip Blom auch noch ein Indie-Rock-Projekt nach, das uns mit offenen Mündern und schockiert zurücklässt. Woher nehmen die Niederländer diesen Kompromiss aus urbanem Tempo und küstennaher Mentalität, aus grungigen Gitarren und extrem zeitgemäßen und eingängigen Texten? Aus dem Ijsselmeer etwa?
Wahrscheinlich nicht, ist aber eigentlich auch egal. Denn das, was man auf „Boat“, dem aktuellen und ersten Album der Band aus dem Nachbarland, zu hören bekommt, ist losgelöst von Zeit und Ort mehr als solide.
Von der retronostalgisch angehauchten Ballade „Say It“, die Dissonanzen und ein fragiles Soundgerüst harmonisch mit dem melancholischen Gesang der Frontfrau Pip Blom kombiniert, bis zum Tony-Hawk-Gedächtnistrack „Ruby“ bringt „Boat“ alles mit, was man von anderen Zeitgenossen desselben Genres wie Courtney Barnett erwarten würde.
Beliebig wird es trotz der Ähnlichkeiten zu anderen Indie-Rock-Acts der Gegenwart nie. Düstere, repetitive Passagen in „Tinfoil“ zum Beispiel lassen die, auch vom Cover beschworene, Fassade einer jugendlich-naiven Band von der Küste bröckeln.
Es wird introspektiv und konspirativ, wenn der Bass im Hintergrund brütet und die natürlich übersteuernde Stimme Pip Bloms im Vordergrund das tut, was zwischen Säuseln und Protestieren liegt.
„Boat“ ist wie so viele andere die Hoffnung eines längst geretteten Genres. Was die Gruppe allerdings von vielen ihrer Mitbewerber unterscheidet ist, dass sie weder aus dem Land des Grunge noch aus dem des Brit-Rock stammen.
Sie nehmen jedoch beide Sounds (insbesondere den ersten, den temporeichen Indie von Pip Blom als Brit-Rock zu verklären, wäre doch etwas verklärend und dem temporeichen Indie-Sound der Band nicht gerecht) souverän und ohne Anstrengung in ihr Repertoire auf.
Es gibt nicht viele Gründe dafür, dieses Jahr auf’s Lollapalooza zu gehen. Pip Blom sind definitiv ein guter.