„Francis Trouble“ könnte die Verarbeitung einer gescheiterten Liebesbeziehung sein. Doch in seinem neuen Album widmet sich Albert Hammond Jr. einem noch viel intimeren Thema: dem Tod seines Zwillingsbruders Francis, der fünf Monate vor dem geplanten Geburtstermin tot geboren wurde.

Die Platte ist aber viel mehr als eine bloße Hommage an Francis, sie ist zugleich auch eine Reflexion über Hammonds eigene Geburt, sein Leben und seine Identität. Ausgelöst wurde dieser doch sehr späte Reflexionsprozess durch ein winziges Ding: einen Fingernagel. Welche Nachwirkungen die gemeinsame Zeit der beiden für sein Leben und seine Musik möglicherweise hat, ergründet er in dem neuen Album „Francis Trouble“.

Albert Hammond Jr. wusste von Beginn an um die Existenz und den Tod seines Bruders, erfuhr jedoch erst im Alter von 36 Jahren zufällig, dass ein kleiner Teil von Francis nach dessen Tod zurückblieb und wenige Monate später mit ihm auf die Welt kam: ein Fingernagel.

Auch wenn das in der ein oder anderen Person gewisse Horrorfilm-Assoziationen weckt, fühlte Hammond dadurch eine ganz neue Verbundenheit zu seinem Bruder. Obwohl die Platte ein so klares Thema hat, sind Hammonds Texte alles andere als eindeutig. Die Reminiszenzen an Francis durchziehen die Tracks wie ein leises, aber konstantes Echo. Auf diese Weise entkommen die Songs der Pathetik- und Kitsch-Falle, die bei einem sensiblen Thema wie der Geburt lauern.

Interessant ist an den Tracks  auf „Francis Trouble“ auch die Erzählperspektive, die zwischen Albert Hammond Jr. und seinem Bruder zu oszillieren scheint. Wenn Hammond sagt, er habe in dem Album seine „lost persona“ gefunden, meint er damit vielleicht auch seinen Bruder, dessen Stimme er auf der Platte mit seiner eigenen verschmelzen lässt.

Musikalisch hält „Francis Trouble“ keine großen Überraschungen bereit. Wie man es von dem The-Strokes-Gitarristen erwartet, bietet das Album einen starken Gitarren-Sound – besonders schön zu hören an den ausgeklügelten Riffs in „Harder, Harder, Harder“.

Dass Albert Hammond Jr. auch dieses Mal dem Indie- und Garage-Rock treu bleibt, wird bereits beim ersten Song „DvsL“ klar. Besondere Schmankerl sind zum einen das rotzige „Muted Beatings“, das von treibenden Drums dominiert wird und zum anderen das rhythmisch melodische „Tea For Two“ mit seinem eingängigen Refrain und dem sehnsuchtsvollen Saxophon.

Dass „Francis Trouble“ nach nur 36 Minuten ein Ende findet, ist zwar bedauerlich, aber von Hammond genau so intendiert, da die Zahl 36 eine besondere Bedeutung für die Verbindung zu seinem Bruder hat: Zum einen erfuhr er erst mit 36 Jahren von besagtem Fingernagel, zum anderen verstarb Francis am 9. Tag des 4. Schwangerschaftsmonats (9 x 4 = 36).

Mit „Francis Trouble“, das passenderweise als 4. Album Hammonds am 9. März erscheint, setzt Albert Hammond Jr. seinem Bruder ein wundervolles Andenken, das trotz der emotionalen Schwere eine gewisse Leichtigkeit behält.

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