Das Jahr 2017 war gefühlt von weniger negativen Ereignissen geprägt als noch 2016 mit der US-Wahl, Brexit und jeder Menge Abgänge von geliebten Musiker*innen. Auf jeden Fall gab es wieder viele gute Alben, von Newcomern und etablierten Künstlern.
Den Bogen von 2016 nach 2017 galant geschlagen hat Casper mit seinem Album „Lang Lebe Der Tod“, das inklusive Tour bereits für 2016 angekündigt war und auf dieses Jahr verschoben wurde. Das berührende, bereits beim Preis für Popkultur 2016 vorgeführte „Meine Kündigung“ steckte die Erwartungen hoch und diese wurden mit dem Endergebnis nicht enttäuscht, das bei uns Platz drei erreichte.
Aber nicht nur mit seinem Händchen für Kollabo-Partner gewinnt Casper Punkte, sondern auch mit seiner aufrechten Haltung und seinen Texten, genau wie auf den neuen Alben von Kettcar, Zugezogen Maskulin, der Antilopen Gang oder Christiane Rösinger, die sich alle ebenfalls in unseren Redaktionscharts finden. Und auch Tobias Siebert hat mit seiner Band Klez.e auf seiner neuen Platte „Desintegration“ Politik und Gesellschaftskritik verpackt, die auf den bisherigen Werken eher nicht zu finden war.
Androgyner Ambient-Pop mit provozierender Langsamkeit, das sind Cigarettes After Sex, die in diesem Jahr ihr selbstbetiteltes Debütalbum veröffentlicht haben, nachdem Frontmann Greg Gonzalez die erste EP bereits 2008 aufnahm. Darauf folgten weitere Singles, vorzugsweise in schwarz gehaltenem Artwork, die Millionen von Klicks auf YouTube erzielten und den Hype um CAS entfachten, der sich in mehreren, ausverkauften Touren bestätigte.
Die für uns größte Überraschung war Julien Baker, deren Debüt in Deutschland mit zwei Jahren Verspätung ebenfalls erst dieses Jahr erschien, mit ihrem Zweitwerk „Turn Out The Lights“. Offensichtlich hatte sie keine Schwierigkeiten mit dem typischerweise oft schwierigen zweiten Album und legte mit einer für eine Anfang Zwanzigjährige außergewöhnlichen Intensität das beste Singer/Songwriter-Album des Jahres hin, das zu Recht auf Nummer eins der MusikBlog Redaktionscharts landete.
Hier unsere Redaktionscharts 2017:
- Julien Baker – Turn Out The Lights
- Cigarettes After Sex – Cigarettes After Sex
- Casper – Lang Lebe Der Tod
- Wolf Alice – Visions Of A Life
- Klez.e – Desintegration
- Kettcar – Ich vs. Wir
- The National – Sleep Well Beast
- Lorde – Melodrama
- The xx – I See You
- Christiane Rösinger – Lieder Ohne Leiden
- Zugezogen Maskulin – Alle gegen Alle
- King Krule – The Ooz
- St. Vincent – Masseduction
- Torres – Three Futures
- Lana Del Rey – Lust For Life
- Zola Jesus – Okovi
- Benjamin Clementine – I Tell A Fly
- The War On Drugs – A Deeper Understanding
- Queens Of The Stone Age – Villains
- Kendrick Lamar – DAMN.
- Perfume Genius – No Shape
- Father John Misty – Pure Comedy
- Antilopen Gang – Anarchie und Alltag
- Bilderbuch – Magic Life
- Nadine Shah – Holiday Destination
Auf den weiteren Plätzen folgen, viele mit gleicher Stimmzahl, u.a. Anna Ternheim mit ihrem wunderbaren „All The Way To Rio„, Dillon mit ihrem neuen Album „Kind„, Fever Ray mit dem ersten Album nach acht Jahren, das nicht ganz so stark beeindruckte wie ihr damaliges Debüt, Noel Gallagher mit seinem überraschend anderen „Who Built The Moon?„, Mark Lanegan mit seinem überragenden „Gargoyle“ sowie die eigentlich immer irgendwie gesetzten Kraftklub und Marteria.