Kele Okereke wird den meisten als unverwechselbar markante Stimme von Bloc Party bekannt sein. Doch seit einer ganzen Weile startet der Brite auch solo durch.
Sein Debütalbum „The Boxer“ veröffentlichte er bereits 2010 – damals noch unter dem Namen Kele. „The Boxer“ bot mitreißende Songs wie „Everything You Wanted“, die jedoch genauso gut auf einer Platte von Bloc Party hätten erscheinen können.
2011 folgten die EP „The Hunter“ und 2014 das zweite Album „Trick“, die eine deutliche Zäsur in dem Schaffen Okerekes markierten. Er verabschiedete sich endgültig von den rockigen Klängen, die auch die Arbeit bei Bloc Party bestimmten, und widmete sich vornehmlich elektronischen Beats.
Frei nach dem Motto ‚Öfter mal was Neues‘ stellt sein drittes Album „Fatherland“ eine musikalische Kehrtwende dar. An die Stelle wummernder Elektrobeats treten akustische Klänge. Gitarren, Streicher, Bläser und Klavier verbinden sich zu einer organischen Komposition, die schon fast an ein Kammerorchester erinnert.
Nachdem Kele Okereke die 13 Songs für seine neue Platte geschrieben hatte, wurde das Album innerhalb von nur 10 Tagen zusammen mit zahlreichen Studiomusiker*innen aufgenommen. Da es ihm wichtig war, zusammen mit denen einen gemeinsamen Takt zu finden, wurde viel improvisiert – und das merkt man leider auch.
„Fatherland“ ist nicht ausgereift und wirkt trotz des Stilwechsels alles andere als innovativ. Immer wieder ereilt mich das Gefühl, dass ich die Songs schon mal irgendwo gehört habe. Die Melodien wirken überholt und können der einzigartigen Stimme von Kele Okereke nicht gerecht werden. Vielmehr plätschern sie kraftlos nebenher, ohne größere Emotionen beim Hören auszulösen.
Die Enttäuschung, die mit dieser Biederkeit verbunden ist, liegt vermutlich an der vorherigen Erwartungshaltung, die ich gegenüber dem musikalischen Schaffen Okerekes habe. Vielleicht ist es auch einfach unsinnig, Künstler*innen vorzuwerfen, dass sie sich nicht auf den immergleichen Sound festlegen wollen, sondern den Mut beweisen, zu experimentieren.
Die Platte „Fatherland“ ist definitiv eine Herzensangelegenheit, so dass auch ihr Titel weniger politisch, sondern vielmehr persönlich zu lesen ist. Kele Okereke ist Vater geworden und versucht in dem Album auch, einen Teil dieser neuen Erfahrungen und Herausforderungen zu verarbeiten.
Der Song „Savannah“ ist etwa direkt an seine kleine Tochter gerichtet und enthält eine simple, aber wichtige Botschaft: „Open your heart, be kind and let love flow through your soul“. Genau diese ehrlichen und intimen Texte sind es auch, die „Fatherland“ trotz der fehlenden Ausgewogenheit hörenswert machen.
Ein absolutes Highlight ist etwa der Titel „Grounds For Resentment“ – ein gefühlvolles Duett zwischen Kele Okereke und dem Years & Years-Sänger Olly Alexander. Auf bittersüße Weise werden wir hier beim Hören an den Schmerz vergangener Beziehungen und die Unsicherheit darüber, ob wir wirklich damit abgeschlossen haben, erinnert. So singt Olly Alexander etwa:
„I think I’m angry and I’m sad
I kept your T-shirt and your cap
All this evidence is surely looking bad
Well do you think about me still?
Are you happy and fulfilled?”
Keles einmalige Stimme und die vertrauten Lyrics sorgen dafür, dass „Fatherland“ trotz der Schwächen auf Melodie-Ebene Freude bereitet. Wer hier nicht mit der Erwartung herangeht, dass es sich um ein Elektro-Album mit starken Beats und durchkomponierten Synthie-Sounds handelt, sondern um eine lockere Chamber-, Swing-Pop-Platte, wird beim Hören auch nicht enttäuscht.