Wie langsam die Mühlen der Musikindustrie auch heute noch mahlen können, wenn das ganz große Geld nicht gesetzt ist, beweist „Times Infinity Volume One“. Das sechste Studioalbum der souligsten aller tanzbaren Indiebands ist schon drei Jahre alt.
The Dears veröffentlichen die Platte in ihrer Heimat Kanada bereits 2014. Ein Jahr später erschien sie in den USA und nochmal zwei Jahre später dann auch auf dem alten Kontinent.
Hätten sich die zuständigen Vertriebs- und Speditionsmenschen die Mühe gemacht, hier auch mal rein zu hören, wäre mit Sicherheit vieles schneller passiert. Der Opener „We Lost Everything“ zappelt nämlich so herrlich nervös und elegant um seine eigene Achse, dass sich wie von allein ein Bewegungsdrang Bahn bricht. Streicher, Synthesizer und Murray Lightburns sattelfeste Stimme sorgen außerdem ganz alleine für die schützenden Transportpolster.
Ein Auftakt zum Luftposter-Folie platzen lassen. Im besten Sinne. Die kaskadischen Funk-Gitarren im darauffolgenden „I Used To Pray For The Heavens“ schreien dann nur noch nach einem passenden Getränk zu dieser Beschäftigung. Gin Tonic vielleicht, mit Fichtennadelnote. Zur grazil-glamourösen Engtanzeinladung „To Hold And Have“ muss man garantiert schon das erste Mal nachschenken.
Der zweistimmige Einstieg in „You Can’t Get Born Again“ erinnert dann kurz an die Slowcore Erfinder Low, nur dass The Dears beschwingter klingen. Das hängt ganz sicher mit diesem Swing-Rhythmus zusammen. Dann wippt eine Jangle-Gitarre aus „Someday All This Will Be Yours“ gekonnt mit den Smiths. Zeit, die nächste Flasche zu holen.
„Onward And Downward“ räumt schließlich zum Abschluss nochmal die Bühne für Keyboarderin Natalia Yanchak und ihre beschwichtigende Stimme, mit der auch eine gefühlte Drohung wie eine Liebeserklärung klingt: „In the end we all die alone“. Aber heute ganz sicher nicht mehr.
„Times Infinity Volume One“ ist Indiemusik, die jedem samtverhangenen Tanzsaal seine Würde zurückgeben kann, man müsste nur zusätzlich auch das Rauchverbot ein klein wenig lockern.
Wenn die nächste Platte (der Titel deutet schließlich an, dass da noch Dinge folgen) auch so lange zu uns braucht, kann in dieser Hinsicht aber so einiges passiert sein.