Dinge, die man nicht tut: Mit vollem Mund sprechen, unter Kokospalmen schlafen, einen Song „Nevermind“ nennen. Leoniden haben letzteres getan. Kurt Cobain dreht sich zu seinem 50sten einmal im Grab rum und verzeiht ihnen (vermutlich).

Die Band, die sich das erdreistet, kommt aus Kiel, hat sich nach einem Meteoren-Strom benannt und genanntes Stück an den Anfang ihres selbstbetitelten Debütalbums gepackt. Um ihren poppig verspielten Alternative-Rock unters Volk zu bringen, gründete das Quintett um die Brüder Lennart und Felix Eike auch gleich noch das eigene Label Two Peace Signs. Beste Voraussetzungen also, um meteoritenmäßig einzuschlagen.

Das Problem ist nur: Die Songs wirken zwar unverschämt energetisch, nur leider auch unverschämt gierig. Sie prügeln den Hörer pausenlos unter die Gute-Laune-Mütze. Achtel-Hi-Hat, Dancefloor-Bassdrum, Tanz oder Stirb! „Du willst tanzen, ich muss kotzen“ sangen Adolar. Bei Leoniden heißt es: „I‘m living in a place that fucks me up“.

Die Texte wollen häufig das genaue Gegenteil dessen, was die Musik evoziert. Verständnis, Verwunderung, Provokation und eine Schippe Selbstmitleid. Das steigert sich in eine Ambivalenz, die hier nur bedingt aufgeht.

Hinzu kommen eine zu dicke Produktion, zu viele Synthies (ohne die vermutlich sogar Platz zum Luftholen bliebe) sowie enervierende, auf latent aggressiv gedrehte Frauenchöre, die den bellenden Hund mimen, der bekanntlich nicht beißt. Die Nordlichter können ihr hyperaktives Gezappel mit „Iron Tusk“ und „Remote“ zu selten in die richtigen, schmissig vertrackten Bahnen lenken.

Wer nicht direkt an der kalkulierten Aufmachung Anstoß nimmt und die Platte am eigenen Nerd-Filter abperlen lässt, entdeckt durchaus das handwerkliche Potential dieser jungen Band. Was fehlt – gerade für ein Debüt – ist das Intuitive, Ungesteuerte, der Fehler, den man nur einmal macht, der dann trotzdem zum Trademark wird.

Es fallen deshalb spontan ein Dutzend Bands ein, die das in ihrer Frühphase besser konnten. Nevermind: Bis zum nächsten Meteoritenhagel haben Leoniden sich die zweite Runde trotzdem tapfer erkämpft!

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