Wie immer im September verwandelte sich Hamburg mit dem Reeperbahn Festival auch 2016 für vier Tage zur unangefochtenen Musikhauptstadt. 450 Konzerte, dazu Kunst, Film und Workshops für Musiker und branchennahe (oder auch nicht) Startups.

Es fällt schwer, aus dieser riesigen Menge renommierter und Newcomer Bands eine Auswahl zu filtern, die repräsentativ für das Treiben rund um die vielen Clubs auf und um der Reeperbahn steht.

Der Freitagnachmittag begann mit Leyya, die in der Electronic Beats Matinée in Angies Nightclub mit ihrem introvertierten Elektro-Pop die wenigen Profibesucher überzeugten.

Ein fest in der persönlichen Timetable verankerter Act fiel dann jedoch ins Wasser. Nachdem uns Dagobert schon frühzeitig, exklusiv vor der Tür des Bahnhof Pauli, informierte, wurde es kurze Zeit später offiziell: Nach den letzten Klängen der Befindlichkeits-Pop-Stanze LUPID teilte der Label-Verantwortliche für Peter Doherty mit, dass dieser alle seine drei zur Auswahl stehenden Flüge verpasst hatte und daher seinen Auftritt absagen musste. Als schwacher Trost für die Anwesenden verriet er jedoch das bis dato geheime Veröffentlichkeitsdatum des neuen Pete Doherty Albums, nämlich der 2. Dezember 2016.

So nutzen wir die neue gewonnene Zeit für einen Abstecher zum Swiss Business Mixer im Sommersalon, um noch rechtzeitig die von ME + MARIE mit The Doors-Orgel vorgetragene Elektro-Coverversion des Klassikers „Ace Of Spades“ des unvergesslichen Lemmys zu hören.

Nach diversen Kontaktpflege-Terminen mit Labelverantwortlichen und Promotern war auch schon die Primetime des Festivaltages angebrochen.

Wir entschieden uns zunächst für Tiger Lou im randvollen Uebel & Gefährlich, die zwar ihre harmonischen Indie-Pop Melodien gut im Publikum unterbrachten, aber die Lücke zwischen pathetischem Anspruch und musikalischer Wirklichkeit nicht wirklich schließen konnten.

Nach kurzem Abstecher in die Prinzenbar zu ISLAND ging es weiter ins Molotow, wo spürbar war, dass das Reeperbahn Festival für klaustrophische Menschen eher wenig geeignet ist. Die beiden Brüder von The Lemon Twigs liessen dort etwas zu deutlich die Nähe zu den Reeperbahn Legenden The Beatles hören.

Währenddessen wurde die Schlange vorm Kukuun für July Talk immer länger und reichte schon fast bis zur Davidwache.

Die von Radiolegende Paul Baskerville als melancholischer Akustik-Act angekündigten, australischen The Paper Kites zeigten dann jedoch im Knust gegenteiligen, schwungvollen Mid-Tempo Indie-Rock von der Stange während gegenüber in der Hanseplatte die Münchener Friends Of Gas eine außergewöhnliche Performance vorlegten.

AVEC begann den Festivalsamstag mit einem schönen Appetizer im N-JOY Reeperbus und spielte mit „Granny“ den ihrer Oma gewidmeten Hit.

Nebenan auf der Spielbudenbühne brachte der kanadische Samito, der etwas an Kele erinnerte, mit seiner Band und seinen groovigen Rhythmen das Publikum zu frühnachmittäglicher tanzender Ausgelassenheit.

Legende (in his own mind) Ray Cokes ließ dann bei seiner Reeperbahn Revue nicht nur Stammgast Jesus auf einem Esel (dargestellt von seinem Schwager und einem Security Mann) einreiten, sondern erinnerte sich auch mit jeder der Bands aus dem Line-up (Villagers, The Head & The Heart, Walking On Cars, Wild Beasts) an seine frisch zerbrochene Liebe.

Am Samstag bekam die Reeperbahn Festival Institution Bazzookas Gelegenheit, mit ihrem Ska nicht nur ihren eigenen Bus zum Schaukeln zu bringen, sondern im Gruenspan einen echten Stage-Gig abzuliefern.

Im Anschluss daran bot ein glänzend aufgelegter David Eugene Edwards mit Wovenhand eine keine Fragen offen lassende, spirituell unterwanderte Rockshow, die nicht nur uns mit riss und als eines der diesjährigen Festival-Highlights gelten dürfte.

Beim anschließenden Besuch mehrerer Gotteshäuser boten die irischen Saint Sister in der St. Pauli Kirche und Robin Proper-Sheppard alias Sophia im Michel intime Akustiksets, die dem würdigen Rahmen der jeweiligen Veranstaltungsorte gerecht wurden.

Zurück in der Großen Freiheit 36, in welcher am früheren Abend schon die Wild Beasts nun mit voller Kapelle an ihre Performance bei Ray Cokes anknüpften, spielte Konstantin Gropper mit seinen Get Well Soon eine Show, die erwartunsggemäß mit an Perfektion, aber inzwischen auch schon stark an Routine grenzenden Arrangements, begeisterte.

Die mexikanischen Punk-Queens Le Butcherettes brachten zum Abschluss das Molotow zum Schwitzen, wie immer in rot gekleidet.

Fazit 2016: Trotz des fast schon undurchsichtigen Dschungels an Bands gab es auch dieses Jahr für die 38.000 Besucher wieder Highlights zu entdecken, von sowohl etablierten als auch Newcomer Bands.

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