London, berüchtigte Metropole für intelligente, kantige, verwinkelte Popmusik. Nun ja – es gibt auch Ausnahmen. Bastille lieferten mit ihrem Debüt „All This Bad Blood“ quasi ein Musterbeispiel an hitkompatiblen Indiepop.
Wobei: ein wenig Leftfield, eine Spur alternativ war ihr Erstling durchaus. Polyrhythmische Drums fand man hier und da, die verspielten Spielformen von Synthiepop hatten durchaus ihren Reiz. Selbst der Interpretation des Trashpop-Klassikers „Of The Night“ konnte man mit gutem Willen etwas abgewinnen.
Doch das A als Dreieck im Bandnamen ist lediglich Andeutung. An die Kongenialität der experimentellen Grooves von alt-J (die das Mac-Tastensymbol eigentlich etabliert haben) reicht auch der Nachkömmling nicht ran. Dafür sind die Wege, die das Quartett beschreitet, bereits zu beschritten. Die Erschaffung einer Sound-Parallelwelt ist „Wild World“ jedenfalls nicht gelungen.
Der direkte Vergleich mit alt-J scheitert zwar, doch das ändert natürlich nichts daran, dass Sänger Daniel „Dan“ Campbell Smith und seiner Gruppe mit „Good Grief“ ein astreiner Popsong gelungen ist, der durch seinen souligen Ansatz clever zwischen detailverliebten Momenten und markanten Hooks balanciert.
Selbstverständlich ist das nicht das einzige Highlight: das mit Bläsern untersetzte „Send Them Off“ und das fast schon trappige Bett von „Fake It“ sind definitiv kleine Popperlen.
Doch die Gruppe, die ihre Musik am Anfang ihrer Karriere via Mixtape-Format veröffentlichte, stellt sich durch die hohe Dichte an neunzehn Tracks leider selbst ein Bein. Tracks wie „The Currents“ sind mit kantigen Streichersequenzen eine Spur zu überladen geraten und wirken durch die Kombination mit weichen Synthies nahezu wie überwunden geglaubte Mash-Ups.
Es scheint, als würde sich die Popsensation in ihren eigenen Ambitionen verstricken. Daher bleibt der Befreiung verheißende Sturm leider aus.
Falls die Südlondoner, die sich mit ihren Filmausschnitten als solide Cineasten outen, aber vorhatten, den Nachfolger zum Erstlingswerk ein wenig verwinkelter zu gestalten, ist ihnen das gelungen. Leider geschieht das häufig nicht zugunsten des Songs, der stilistisch in zu viele Richtungen einschlägt, um sich adäquat zu entfalten – auf „Way Beyond“ dominiert sogar ein Hip-Hop-Beat.
Jene Form der Übermotiviertheit ist im Grunde verschwendetes Potential, denn auch mit der Ballade „Two Evils“, bei der die E-Gitarre ausgestöpselt bleibt, beweisen Bastille ein Gespür für melodische Hooks.
Gleiches gilt für den groovigen Rundumschlag „Lethargy“ und das gospelhafte „Winter Of Youth“, das im letzten Drittel mit EDM-Referenzen spielt und das heimliche Highlight der Platte werden könnt.
Alles in allem offenbaren Bastille zu viele Lichtblicke, als dass man über „Wild World“ aufrichtig enttäuscht sein könnte. Demnächst vielleicht einfach besser das Material aussortieren.