Es sind Zeilen wie „Um drei Minuten vor halb acht, hab ich kurz nicht an dich gedacht“, die belegen, wie schön metareflektiert die Jungs von Von Wegen Lisbeth sind.

Die fünf Freunde aus Berlin haben sich mit ihrer EP  „Und plötzlich der Lachs“ im vergangenen Jahr schon eine kleine Fangemeinde erspielt und sich vom inoffiziellen Geheimtipp zum offiziellen gemausert. Das lag mitunter auch daran, dass sie mit AnnenMayKantereit auf Tour waren. Doch diese Band gibt sich in ihren Texten deutlich kritischer. Auch das Debüt bietet übersoliden und frischen Indie-Pop.

Berlin heißt in diesem Fall nichts, sofern man mit der Stadt die Schnelllebigkeit von Trends assoziiert. Das Quintett präsentiert sich nämlich eher im Kraftklub-Modus, der von Szene-Coolness nichts wissen will und den Instagram-Lifestyle verschmäht. Letzteres ist Sänger Matze besonders unterhaltsam in „Sushi“ gelungen: „Komm, beweis mir, wieviel du lachst und dann zeig mir dein Essen, was du machst.“ Bleibt nur die Frage offen, ob die Bands, die anti Trends sind, nicht selbst gerade dadurch mittlerweile der eigentliche Trend sind. Aber das wird jetzt wirklich zu meta.

Feststeht, dass Von Wegen Lisbeth ein kurzweiliges Stück Indie-Pop gelungen ist, das vor allem durch seine wachen Alltagsbeobachtungen glänzt. Vor allem der ironische Kommentar auf die abstrakten Pseudoängste der vermeintlichen Verteidiger der europäischen Kultur belegt das Talent der Gruppe, sich auch gesellschaftlichen Phänomen gegenüber unterhaltsam positionieren zu können.

Die Waffe ist auch in „Der Untergang des Abendlandes“ die Ironie: „Oh nein, kann es sein, dass ich ganz von allein gestern dieses Testabo verlängert habe?“ ist nur eine der hier versammelten Pseudoängste, die die Band aufzählt.

Die Wortakrobatik gerät nur selten an ihre Grenzen. Nur manchmal wird man den Eindruck nicht los, dass die Gruppe der permanenten Suche nach Wortwitzen etwas weniger Priorität hätte eingestehen sollen. Dann würden die ruhigeren Momente wie „Unterm Schrank“ noch stärker hervortreten.

Bemerkenswert an „Grande“ ist die Archivierung all der nebensächlichen Dinge, die den Alltag der Gegenwart prägen. Nennen wir es die nicht verschönigende Ästhetik des Konkreten. Matze nennt die Dinge explizit beim Namen: NikeAirs, iPhone, Instagram, Becks Ice. Was wäre das heutige Bewusstsein ohne diese Gimmicks? Die Antwort könnte düster ausfallen.

Von Wegen Lisbeth weichen ihr ein wenig aus. Deswegen klingt ihr Indie-Pop zwar nicht niedlich, dafür aber doch irgendwie zu nett und ungefährlich, sowie die im Gegensatz zur technisch schlichteren EP nun eingespielten Bläser zwei Spuren zu harmonisch.

Spaßbands Randnotiz: Diese Band spielt auf dem Album doch wirklich diese altbackenen Flohmarkt-Casio-Keyboards, die sie nun auch mit auf Tour nimmt. Sieht man zumindest beim Instagram-Account. Dafür aber keine Fotos vom Essen. Das ist ja dann doch konsequent.

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