Damien Jurado ist schon seit den frühen Neunziger Jahren als Musiker aktiv, veröffentlichte seine ersten Platten beim legendären Label Sub Pop und wechselte später zu Secretly Canadian, weil er glaubte, dort besser aufgehoben zu sein.
Auf jeden Fall hat man bei Secretly Canadian ein offenes Ohr für die ambitionierten Vorhaben des Singer-/Songwriters aus Seattle: 2012 erfand Jurado „Maraqopa“, eine imaginäre Parallelwelt inklusive namenlosem Protagonisten, der – konzeptalbummäßig – durch das gleichnamige Album führte und auch im Nachfolger von 2014, „Brothers and Sisters of the Eternal Son“ wieder auftauchte. Anders als in seinen früheren Arbeiten stand dort nicht jeder Song für sich alleine, sondern ergab ein großes Ganzes, das mit „Visions of Us On The Land“ nun abgeschlossen wird.
Da Damien Jurado sagt, dass ihm die Idee zu diesen Konzeptalben im Traum gekommen sei, sollte man nicht nach allzu logischen oder „realistischen“ Bezügen in den Songs suchen – auf dem neuen Album gibt es immerhin Hinweise aus der wirklichen Welt in Gestalt US-amerikanischer Städte und Staaten wie Alaska, die als Songtitel fungieren.
Am besten funktioniert „Visions of Us On The Land“, wenn man sich ganz unvoreingenommen und unbelastet in die Songs hineinfallen lässt – und dazu hat man Gelegenheit en masse, denn es sind ganze siebzehn (!) Stücke auf dem Album.
Seit einigen Jahren arbeitet Jurado mit Shins-Keyboarder Richard Swift zusammen, der auch seine letzten Platten produzierte. Es mag an Swifts Einfluss liegen, dass Damien Jurados Musik dem Folk zwar grundsätzlich verpflichtet bleibt, aber dort nicht stehenbleibt. Jazz-, Prog-, Psychedelic- und immer wieder lateinamerikanische Percussion-Elemente finden Einzug in die Stücke.
Zuweilen klingen sie sixtiesorientiert wie „Walrus“ und „Queen Anne“, das auch als Hippie-Protestsong durchgehen könnte; auch „Cinco de Tomorrow“ ist im weitesten Sinne Folk, breitet sich aber sphärisch aus, mit viel Hall auf der Stimme und im Hintergrund. In Tracks wie „Qachina“ und „Taqoma“ bricht sich Lust am Lärm Bahn – E-Gitarren und pulsierende Rhythmen brechen den Folkrahmen deutlich auf.
Hört man das Album am Stück, lässt sich eine Bewegung von Aufbruch und Überschwang hin zu Ausklang und Kontemplation ausmachen. Der letzte Song „Kola“ klingt mit den wiederholten Zeilen „I will remember you“ so nackt und zerbrechlich, dass man sich des (vorläufigen?) Endes mehr als bewusst wird.
„Visions of Us on the Land“ mag ein umfangreicher Albumbrocken sein, doch es lohnt, sich darauf einzulassen.