Mothers – When You Walk A Long Distance You Are Tired

Athens, Georgia scheint ein sehr kreatives Pflaster zu sein, schließlich stammen so populäre Bands wie R.E.M., die B-52’s oder Of Montreal aus dem südöstlichen Bundesstaat der Vereinigten Staaten. Mit Mothers findet sich eine weitere talentierte Band in diesem Zirkel ein – wobei: Ursprünglich war Mothers das Soloprojekt von Kristine Leschper. Die Singer-/Songwriterin begann 2013 mit dem Musikmachen, noch während ihres Studiums an der Kunsthochschule.

Ihre Auftritte bescherten Kristine viel Aufmerksamkeit in Georgia, und um dem wachsenden Erfolg entgegentreten zu können, beschloss sie, eine Band zu gründen. Inzwischen sind Mothers zu viert: Neben Leschper gehören Matthew Anderegg, Drew Kirby und Patrick Morales dazu, die den außergewöhnlichen Gesangsstil ihrer Chefin in ein emotionales Postrock-Indiefolk-Gewand betten.

Nach der vielbeachteten Debütsingle „There’s no Crying in Baseball“ erscheint nun bei Wichita Recordings das Album „When You Walk A Long Distance You Are Tired“ – kein Zweifel, Mothers haben ein Faible für aussagekräftige Titel. Kristine Leschpers Storytelling ist in seiner Originalität vergleichbar mit dem einer Courtney Barnett, aber ohne deren handfeste skatepunkige Kumpelinnen-Haltung.

Leschper kehrt gleichwohl ihr Innerstes nach Außen, was in Songs wie „Burden of Proof“, „It Hurts Until it Doesn’t“ oder „Hold Your Own Hand“ besonders stark zum Ausdruck kommt. Leschpers Stimme ist glockenklar und kann in die Höhe steigen wie Joni Mitchell, klingt zuweilen ein bisschen entrückt und scheint so gar nicht in den grellen Pop-Betrieb zu passen.

Mit ihrer intensiven Art zu singen und zu texten macht sich Mothers verletzbar, buchstäblich nackt – mehr als nachvollziehbar scheint ihr Wunsch nach einer Band, deren Bedeutung allerdings weit über die einer reinen Begleitung hinausgeht. Zurückhaltend und reduziert agieren die Musiker, und erreichen doch größtmögliche Atmosphäre – der Song „Blood Letting“ beginnt mit den sanftesten Gitarrenpicking, fügt ein wenig gestrichenes Schlagzeug hinzu, während Leschper ihr Herz auf der Zunge trägt: Wen das nicht bis ins Mark berührt, dem ist nicht zu helfen.

Man sollte Mothers allerdings nicht vorschnell in die Schublade „gefühlige Songwriter“ ablegen, in mehreren Tracks offenbart das Quartett seine Liebe zu Progrock und Grunge und setzt eindrucksvolle Akzente mit Gitarre und Drums.

Nie jedoch nimmt der Rock überhand: Im Zentrum bleibt stets die gemarterte und doch selbstbewusste Seele Kristine Leschpers.

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