Auf langen Autofahrten haben Alben noch die Chance, sich bewähren zu können. Hier ist man befreit von der Hektik des Alltags, die einem die Aufmerksamkeitsspanne so schrecklich verkürzt. Am Steuer stellt sich dann die Frage: Tauscht man die Disc nach den ersten zwei Nummern aus? Switcht man wieder auf fremde Lokalradios? Oder verzichtet man auf all diese Optionen und lässt die Platte ohne zu skippen, ganz im Vertrauen, einfach mal durchlaufen? Das soll gar nicht kulturkonservativ klingen. Feststeht: Wenn Musik es schafft, in eine Klanglandschaft zu entführen, kann einem selbst der ärgste Stau nicht mehr aus der Fassung bringen.
Cavern Of Anti-Matter sind so eine richtige Autobahn-Band. Und zwar im doppelten Sinne. Die Neugründung von Stereolab-Frontmann Tim Gane, dessen Weggefährten Joe Dilworth und Synthie-Mastermind Holger Zapf, beginnt mit einem Track, der Bände spricht. Flirrende Synthiemelodien kräuseln sich hier, ein komatöser Bass hält das Geschehen zusammen, ein Schlagzeug tastet sich durch mehrere Rhythmen – das alles findet man allein in dem fast dreizehnminütigen Opener „Tardis Cymbals“, dessen Sog an den Kraftwerk-Klassiker „Autobahn“ erinnert, auch wenn es hier deutlich gitarren-lastiger zugeht.
Auch wenn z.B. der Song „Melody In High Feedback Tones“ nicht ganz hält, was der Titel verspricht, der analoge Grunddrill und die zahlreichen Krautexkurse sind auf „Void Beats / Invocation Trex“ unverkennbar. Der frühere Stereolab-Drummer bewerkstelligt seinen Job mehr als souverän und Zapf schafft es u.a. auf „Blowing My Nose Under Close Observation“, seine Synthies ebenso auf kantigen Aphex Twin-Techno zu modifizieren.
Sicherlich, auf der Zeitreise verfährt man sich auch mal: Der Rave auf „Hi Hats Bring The Hiss“ befindet sich eindeutig auf der Überholspur, nimmt die Ausfahrt aber viel zu spät, wirkt deswegen langatmig und verheddert sich arg beim Abbiegen.
Die fast zehn Minuten von „Void Beat“ kompensieren das aber mit Leichtigkeit. Der Track hört sich an wie die fröhliche Variante von Kreidler und überrascht mit gekonnten Taktwechseln und unterschwelligem Elektro-Pop. „Pantechnicon“ hantiert hingegen mit 2bit-Sounds und deutet im Schlussteil immer wieder Techno-Elemente an.
Das Beste an dem Album, das seine Irrfahrt durch elektronische Genres und Jam-Sessions überraschend unprätentiös mit minimalen Streichern beendet, ist seine durchweg nicht-nostalgische Haltung. Das Trio arbeitet keinen diachronen Krautkatalog ab. Obwohl die Routen sicherlich schon von vielen Bands befahren worden sind und einem so mancher Rastplatz bekannt vorkommt, bleibt es durchweg spannend. Neu! ist das jedenfalls nicht. Zumindest nicht eins zu eins.
Cavern Of Anti-Matter beweisen eine unheimlich dichte, dabei vielseitige wie auch innovative Soundcollage. Selbst in den Pinkelpausen: Nach einem der zahlreichen Überlänge-Tracks, von denen keiner zu lang wirkt, fasst plötzlich Deerhunter-Sänger Bradford Cox an die Handbremse und präsentiert zweiminütigen Indie-Pop in Glanzform. Eine absolute Ausnahme auf dem Album. Dabei fährt Cox nicht spontan per Anhalter mit: Tim Gane versorgte das letzte Deerhunter-Album mit süßlichen Keyboard-Sounds.
Und Cox ist nicht der einzige prominente Gast: Auch Jan St. Werner von Mouse On Mars hat eine Mitfahrgelegenheit abgekriegt. Das ist natürlich schön, doch wäre in diesem Falle gar nicht nötig gewesen, denn bei diesem Album wäre man auch ohne Name-Dropping ins Schwärmen geraten.
Eine Antwort
ich finde es lustig das du autofahren als aufhäger nimmst, ich habe mir gerade sound magics death ray destroys the vortex and his union with infinity angehört, was mir sofort in den sinn kahm war eine autofahrt, den sonnenuntergang entgegen, immer weiter richtung irgendwo, macht laune aber hallo, da wäre ich zugerne dabei am 11ten im berghain