Seit „Men In Black“ wissen wir: Elvis und Michael Jackson waren singende und tanzende Aliens. Nun outen sich auch Björn Beton, Doc Renz und König Boris als Außerirdische und wollen nach einem verjüngenden Ausflug zum Heimatplaneten am 04. September als „Teenager Vom Mars“ wieder auf der Erde landen.
Diese Marsianer kommen, wie der ins Getreidefeld gefräste Totenkopf auf dem Cover unmissverständlich zeigt, in friedlicher Absicht zurück und sie haben in der Weltraum-Soundschmiede viele musikalische Einflüsse ihres letzten Erd-Aufenthaltes eingearbeitet. Hart rockender Hip-Hop trifft auf Disco, House und Elektro zu dem Fettes Brot eine Breitseite der hohen Schule des tiefgründigen Wortwitzes abfeuern.
Langeweile gab es auf den Platten bei der in Hamburg niedergelassenen Hitmaschine ohnehin nie, die Mischung aus Spaß und Ernst machte Vielfalt zum Programm, unter ihre Gassenhauer „Nordisch By Nature“, „Schwule Mädchen“ und „Emanuela“ mischten sich immer auch hinterfragende, gesellschaftskritischen Stücke. Ob „An Tagen Wie Diesen“ oder „Soll Das Alles Sein“, das soziale Engagement der ohnehin weit von einer Hip-Hop Fun-Combo entfernten Band war stets gegenwärtig. Für einen derartigen, fast ehrenamtlichen Einsatz als „Brote Flora“ für das bekannte Kulturzentrum der Hansestadt kassierten die Jungs auch schon eine Strafanzeige.
Der Opener und Titeltrack auf „Teenager vom Mars“ knallt mit seinen Gitarrenriffs und dem Orkan-Refrain wie ein Hybrid aus Blur`s „Song 2“ und „Sabotage“ von den Beastie Boys (das Album ist auch deren verstorbenem Mitglied Adam „MCA“ Yauch gewidmet) aus den Boxen und feiert gleich in der ersten Zeile mit „Im All wissen es alle, ihr könnt Fremde hier nicht leiden“ die hiesige Willkommenskultur, welche später auch in „Ganz Schön Low“ noch einmal Thema sein wird. Der Kopfnicker „K.L.A.R.O.“ macht einen Abstecher in die Disco, die 3 Schweinchen Parabel „Mein Haus“ vom Eigenheimbau mit anderen Mitteln hält groovemäßig locker mit Daft Punk mit. „Von Der Liebe“ folgt dem Elektro-Sound der letzten Deichkind Scheibe, „Du Bist The Shit“ fährt ebenfalls direkt ins Tanzbein.
Starke Momente erfährt die Platte auch dann, wenn die Beats und Samples dezent und unterschwellig bleiben, vordergründig die Reime die Songs tragen, allen voran „Alle Hörn Jetzt Schlager“, dem gerappten Shitstorm auf den außer Kontrolle geratenen Hype um die aufgepoppte Volksmusik: „Alle hörn jetzt Schlager/ da wird man doch zum Schläger“ – wie gesagt: die Crew vom roten Planeten kommt mit durchweg pazifistischer Grundhaltung. „Eure Autos“, der Albtraum von Fahrern der Modelle aus dem oberen Preissegment, ist ein feiner Protestsong über den SUV-Wahn. Sanfter geht’s aber auch, wie in dem semi-sentimentalen Abgesang auf eine große Revoluzzer-Liebe in „Boyfriend“ zu hören ist.
„Meine Stimme“ feiert den trotzigen Widerstand und vereint eine ganze Brigade aufrichtiger Mitstreiter: Felix Brummer, Kryptic Joe, MC Fitti und Fatoni (der mit der Antilopen Gang den Support auf der kommenden Tournee sein wird) leihen dem Song ihr Organ und machen es zu einem Statement für Authentizität und Standhaftigkeit. Bevor am Schluss noch die ausgelassene „Morgen ist egal“-Hymne „Das Letzte Lied Auf Der Welt“ erklingt, gibt es mit „Emmely“ noch die vertonte Geschichte von der inzwischen von uns gegangenen Barbara Emme, jener Supermarkt-Kassiererin, die einst ihren Arbeitgeber Kaiser’s durch Einlösen zweier Pfand-Bons beinahe in den Ad-hoc Ruin getrieben hätte.
Fettes Brot schaffen es auch auf ihrer achten Platte mit humorig-kritischer Sicht auf das Zeitgeschehen nicht nur ihre eingefleischten Fans großartig zu unterhalten. Landeerlaubnis erteilt!