Eines ist sicher: Bei Leslie Clios aus den Lautsprechern quellender Energie bleibt kein Staubkorn auf dem Boden, das in ausgelassenen und unbekümmerten Tänzeleien nicht hochgewirbelt wurde. Doch auch – Patschehändchen auf das Herzelein – keine graue Gehirnzelle, die auf „Eureka“ in einem maßgeblichen Anspruch ihre große Herausforderung findet. Die Erwartungen lagen vor allem auf Höhe der Messlatte des ehrlichen, reizvollen und ungeschliffen-abgerundeten Souls mit einem würzigen Hauch Zynismus. Denn damit verwöhnte uns Leslies wunderbar schnippisches Debüt „Gladys“, das mit seiner einmalig schnoddrigen Gib-drauf-Stimme(ung) zu überzeugen wusste. Doch mit dem Zweiten – mit dem Zweiten ist alles anders.

Belangloser, eher impulsarmer und über Maße geschliffener Allerwelts-Sonnenpop schält sich aus einem ersten Hördurchgang des Nachfolgers. Wieso nur? Die Berliner Gusche stand doch immer fein für den gesanglichen Mittelfinger – den leichtfüßigen Soul, der in einem jeden Normalo von uns steckt! Sie bewies sich bei locker-flockigen Auftritten als das hie und da schräg zwitschernde Mädel von nebenan, welches mit seiner kessen Pferdeschwanzwipperei zu polarisieren wusste; Ein zierliches Persönchen, das mit unfassbarem Selbstbewusstsein emsig die schicken Hemdsärmel hochkrempelte und schelmisch die Hände in die Hüften stemmte.

Aber Achtung: Eine Attitüde, die zuvor niedliches Beiwerk war, springt Dich nun an. Man könnte dem Liedgut akutes ADS diagnostizieren, kratzen doch jegliche Sounds an den Ohrmuscheln der Hörer, flehen um Aufmerksamkeit und versuchen einander mit einer gewissen Aufdringlichkeit zu übertrumpfen. Leslies Stimme, bisher ein leuchtendes Aushängeschild, wird nun einfach von Gute-Laune-Weichzeichner-Produktionen überrannt. Überrollt vom Hall, übertüncht von Instrumentalufern und bekleistert mit belanglosen Melodieführungen, deren Strophe-Refrain-Abfolgen in etwa so artig sind, wie ein Ausreißer nach der RTL-Gehirnwäsche.

Was bleibt, sind wunderbar derbe Worte, die in ihrer ursprünglichsten Form im Kleide einer herzallerliebsten Gesangsausführung in den formschönen Mund einer Lady genommen werden – nie klang ein „You’re pissing me of“ lieblicher („Damage Done“). Diese kommen zwar etwas verwechselbarer daher – schließlich könnte unter anderem „Changes“ von einer x-beliebigen Popsängerin geträllert werden – und dennoch erwischst Du Dich mit Durchlauf Nummer 100 dabei, eben doch mit dem Arsch zu wackeln, verdammt. Auf die zig Durchläufe werden wir im anstehenden Sommer voraussichtlich recht locker kommen: Die Singles triefen vor radiotauglichem Sommerhitgeheische.

Doch bei all der Euphorie, welche vulkanartig aus dem Werk zu sprießen droht, ist eine kleine bittere Enttäuschung nicht wegzuwischen – und das Gefühl, „Eureka“ sei eine kleine Wunderkerze, die auch einmal – wie ihr Ahne – ein großes Feuerwerk sein wollte.

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