Das Herz will, was das Herz will. Im Falle von Houndmouth aus New Albany, Indiana (USA) heißt das: singen, singen und nochmals singen. Mehrstimmige Gesangsarrangements, sanft gezupfte Gitarren, perlendes Klavierspiel und etwas Geklatsche und Getrommel – da fühlen sich die vier Musiker aus dem amerikanischen mittleren Osten zu Hause.

Ihre Geschichte beginnt 2011. Im Zentrum steht Gitarrist und Sänger Matt Myers, der zusammen mit einigen Freunden eben Houndmouth formt. Nach einigen lokalen Gigs in Louisville und Indiana und ihrer zu Hause aufgenommenen ersten EP, spielen sie 2012 beim berühmten SXSW Festival und erhalten kurz danach einen Plattenvertrag bei Rough Trade. Nun veröffentlichen sie ihr Album „Little Neon Limelight“.

Man könnte Schubladen aufziehen, könnte Houndmouth unter Folkrock, Americana oder Bluegrass einsortieren, aber diese Truppe, die mit Anfang zwanzig schon wie gut abgehangene Mitte vierzig klingt, ist in der Summe weitaus mehr als in eine Eichenholz-Kommode passt. Erhebend und fröhlich-reflektierend klingt die Musik, die Texte behandeln gleichzeitig aber traumatische Themen. Eloquente Zungen bezeichnen ihren charmanten Indie-Folk daher auch als Choral-Pop.

Wenn Houndmouth zusammen Musik machen, dann sind sie eine mächtige Einheit, eine Institution, ein Biotop. Schon in den ersten, noch vorsichtigen Klängen der Akustikgitarre steckt eine Intensität, der man sich nicht entziehen kann. Und dann setzen diese gewaltigen, wetterfesten Stimmen ein, die gleichzeitig so sanft und umarmend klingen, dass man sofort weiß: In den kommenden knapp 40 Minuten wird nichts schief gehen. Der Opener „Sedona“ wird mit jeder Runde majestätischer und am Ende klingt’s – dieser Eindruck wird sich innerhalb der folgenden 10 Songs noch öfter einstellen – wie ein nächtlicher Ausflug auf hoher See, die Wellen wogend, das Schiff aus gutem Holz geschnitzt, die Stimmung ein Kippbild aus Abenteuerlust und Heimweh. Volle Kraft voraus.

Diese Songs atmen den Sommer, die Liebe, das Leben. Welchen herausgreifen? Die traumhafte Ballade „For No One“? Oder das sich behutsam steigernde Stück „Honey Slider“ mit Gänsehaut-Gitarren-Schlussteil? Letzteres wäre zumindest der dringende Anspieltipp, falls jemand einen haben möchte. Es gibt keine Ausfälle auf „Little Neon Limelight“, das Album ist von der ersten bis zur letzten Sekunde herausragend. Die Aufnahme ist sehr direkt und klanglich neutral, könnte aber die einzelnen Instrumente transparenter zur Geltung bringen. Wenn alle zusammen ihr bestes geben, dann klingt das manchmal schon etwas massiv.

Ein wirklich schöne Scheibe, die aus dem Massenmarkt sehr deutlich und erfreulich heraussticht und vier absolute Enthusiasten bei ihrer Lieblingsbeschäftigung präsentiert. Songwriterisch mag noch Entwicklungspotential vorhanden sein, musikalisch ist „Little Neon Limelight“ bereits über alle Zweifel erhaben. Und wenn es noch Gerechtigkeit da draußen geben sollte, dann wird diese Band mindestens so groß wie Mumford & Sons.

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