Jenseits allen Zeitgeist-Gehabes zwischen Tablet PC und Vernetztheit kommt ein 77 Jahre alter Mann im schwarzen Anzug mit alten Ideen daher, im Gepäck eine neue Platte. Es ist kein Resümee, keine Zeitreise, die Leonard Cohen 8 Jahre nach seinem letzten Studioalbum vorlegt, es ist ein Werk das sich mit unerhörter Lässigkeit über alles Zeitliche erhebt.
„I love to speak with Leonard/He`s a sportsman and a sheperd/He´s a lazy bastard/Living in a suit“ – die ersten Textzeilen des Openers „Going Home“ lassen keinen Zweifel daran, dass sich die Thematik in Cohen`s Lyrik in den letzten Jahrzehnten nicht verändert hat. Das ständiges Wechselspiel zwischen hell und dunkel, zwischen Obsession und Ablehnung ist ihm treu geblieben.
Der Begriff Altersweisheit (und das ist in diesem Fall absolut respektvoll gemeint) scheint für den Kanadier erfunden zu sein. Sicher hat im Laufe der Zeit die ein oder andere Coverversion einen anderen Blick auf Leonard Cohen’s Werke geworfen, was vor allen denen gelang, die ihn nicht ehrfürchtig „nachspielten“ (Nick Cave ist das bei „Avalanche“ gelungen) – Würde und Größe verleiht nur Leonard Cohen den Liedern. Ob in „Amen“ oder „Show Me The Place“ – in beinahe jedem der neuen Songs begibt sich der Meister wieder zwischen die Pole um in „Anyhow“ schließlich fest zu stellen „I`m naked and I´m filthy/Both of us are guilty“. Und alles wird mit dieser sonoren, über jeden Zweifel erhabenen Stimme, die kein „aber“ zulässt, vorgetragen.
Auch die Instrumentierung passt wieder perfekt in die Cohensche Klangwelt. Waren die letzten beiden Veröffentlichungen „10 New Songs“ und „Dear Heather“ noch etwas überladen arrangiert, ist die Instrumentierung seiner neuen Stücke sparsamer, exakter. Hier dudelt eine Hammond Orgel vor sich hin, mal spielt ein Banjo die Hauptrolle, selbst Blasinstrumente schaffen es nicht, sich in den Vordergrund zu drängen und auch die Frauenchöre halten sich unaufdringlich zurück.
Höhepunkt der Platte: „Crazy to love you“, ein Song nur mit Cohen und Gitarre, der klingt wie der Track zwischen „So long Marianne“ und Chelsea Hotel“. Und auch das geradezu beschwingte „Darkness“ wird sicher ebenfalls seinen Platz auf der nächsten (die wievielte ist das dann eigentlich?) Compilation finden. Ein großes Album. Ich dachte bisher, die ideale Begleitmusik auf den Weg in das weiße Licht wäre Neil Young`s Soundtrack zu Jim Jarmusch`s „Dead Man„. Die Musik von Leonard Cohen dabei zu haben, ist sicher auch nicht verkehrt.