Da denkt man: Endlich mal eine Frau mit akzeptabler Stimme, die sich nicht mit bösen Buben umgibt (einer davon garantiert mit Glatze und Ziegenbart) und zwischen schweren Gitarrenriffs Elfen und Einhörnern nachsteigt. Schließlich wollte Katie Stelmanis, Sängerin des kanadischen Trios Austra, einmal Opernsängerin werden und beschäftigt sich eher mit elektronischer Musik.
Das abgelieferte Ergebnis ist allerdings sehr dünn ausgefallen. Zwischen Bergen von Synthesizern, die sich bemühen, Klangteppiche in Moll zu produzieren und einem Schlagzeug, das gespielt wird wie die Werkseinstellung eines Drum Computers, wird Verlust, Liebe und Wandelbarkeit gesucht und meist nicht gefunden. Oder fällt jemandem zu Textzeilen wie „The morning that I was born again, I was made into a beast. Am I free now, am I at peace?”, mal abgesehen von Kafka’s „Die Verwandlung“ irgendetwas ein?
Während der Auftakt des Albums („Darken Her Horse“), noch irgendwie an Dead Can Dance (genau die, deren gregorianische Zwölftonmusik uns zu Beginn der Neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts Herz und Portemonnaie öffnete) erinnert, folgen bald Songs, die auch auf dem 125. Rondo Veneziano Album nicht aufgefallen wären (der nervtötende Sommerhit “Lose It“ beispielsweise). Dabei hat Fever Ray in den letzten Jahren gezeigt, wie außergewöhnliche Stimmlagen und elektronische Musik zu einem auditiv sinnvollen Gesamtwerk verbunden werden können.
Korrekte Ansätze („Beat and the Pulse“, „The Choke“) bleiben die Ausnahme. Immerhin bemüht man sich hin und wieder um Rhythmuswechsel („Shoot The Water“), die aber nicht über den langatmigen Grundeindruck hinwegtäuschen können. Alles wirkt überambitioniert und „Second Hand“. Das Album wird zwischen Rüschenblusen und Patchoulie Wolken trotzdem ausreichend Freunde finden und ein Konzertbesuch (natürlich nur mit einer Freikarte) ist aus optischen Gründen gerechtfertigt. Jedenfalls kann Thees Uhlmann nicht diese kanadische Band gemeint haben, von deren traurigen Liedern er einst sang (mein Tipp waren ohnehin immer die Crash Test Dummies).
Fazit: Bestenfalls Durchschnitt, 6-7 Titel zu lang geraten, aber beim Autofahren und Fensterputzen gerade noch ok.
© Matthias Zeiger